Der Freund streitet ab

■ Fortsetzung im Bremer Mordprozeß

„Herr L.“ – noch einmal wandte sich die Richterin eindringlich an den jungen Mann im Zeugenstand. „Man könnte sich denken, daß ein Paar, wenn beide ein Kind wollen, und es klar ist, daß die Frau kein Kind mehr bekommen kann, daß beide etwas tun, um ein Kind zu bekommen.“„Nein, ich habe ihr nicht geholfen“, wiederholte der junge Mann. Und widerlegte damit die Aussage seiner 49jährigen malaiischen Freundin, die des Mordes an einer 30jährigen Bekannten beschuldigt wird; angeblich, um das fünf Wochen alte Baby der Bekannten als das eigene auszugeben (vgl. taz vom 21.2.).

Vor dem Bremer Landgericht wurde gestern nachmittag der Freund der Angeklagten gehört, den sie tags zuvor mit ihrer Aussage beschuldigt hatte. „Sie brauchen nicht zu antworten, wenn Sie sich mit einer Antwort vielleicht selbst einer strafrechtlichen Verfolgung aussetzen“, klärte die Richterin den Zeugen gleich zu Anfang nochmals auf. Doch der 27jährige polnischer Herkunft, der eine eigene Transportfirma führt, gab auf jede Frage Auskunft, auf Deutsch.

Er bestand darauf, daß die 49jährige Freundin im letzten Jahr schwanger war. Sie habe ihm das gesagt, und er habe nicht weiter nachgefragt, „sie hatte ja einen dicken Bauch“. Er habe die Schwangerschaft akzeptiert und sich gefreut, „das war so in Ordnung“. Wie intensiv sein Kinderwunsch war, wurde nicht nachgehakt. Zu sämtlichen fragwürdigen Schwangerschaftsindizien sagte er, er habe keine Ahnung von dem Thema.

Am Tag der Tat sei er am frühen Nachmittag nach Hause gekommen, und das Baby habe auf dem Sofa gelegen. „Meine Freundin sagte, sie habe es mit Hilfe ihrer Nichte (der Tochter, die ihm gegenüber als Nichte ausgegeben wurde, d.Red.) und einem Arzt bekommen.“ Zehn Stunden war er außer Haus gewesen und glaubte der Freundin, denn „sie hatte keinen Bauch mehr“. Einen zusammengeschnürten Foliensack in der Badewanne hielt er für ein Bettlaken, das für die Geburt benötigt worden war.

Erst am nächsten Tag habe er von der Leiche erfahren. Nein, er habe nicht vorher von der Leiche gewußt und sie auch nicht auf den Balkon gebracht. „Erst als die Polizei sagte, das Kind gehöre der toten Frau, erst da dachte ich, daß meine Freundin etwas damit zu tun hat.“ Immer wieder wurden dem jungen Mann seine Aussagen aus dem Vernehmungsprotokoll vorgehalten, die teilweise von seinen aktuellen Antworten abwichen. Doch schon zuvor war in der Verhandlung klargeworden, daß die Polizeibeamten bei der Vernehmung nicht unbedingt mit der größten Sorgfalt vorgegangen waren. So wurde zum Beispiel das Alibi des jungen Mannes niemals genau überprüft. sip