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: Transparente Dialoge

„Einfach genial“, Dienstag, 19.50 Uhr, MDR

Es gibt so Sendungen, die machen einen zu einem bösen Menschen, zu einem Spott-Hans und zu einer feixenden Petra. Aber es geht auch anders. Als Zuschauer sollte man nur an sich arbeiten wollen. Nicht immer nur fordern, daß sich das Fernsehen bessern soll. Wie passiv das ist! Man kann auch selbst ein Zeichen setzen – und einfach mal vom Sessel aufstehen und den Fernseher herzen, damit er sich entlädt.

Zum Beispiel dann, wenn sie im Mitteldeutschen Rundfunk die Sendung „Einfach genial“ bringen. Diesmal ging es um die Welt der Erfindungen (demnächst um Gesellschaftsspiele, Fahrräder und dann um Computer). Sehr wichtig. Letztes Jahr wurden nämlich nicht weniger als 78.000 neue Erfindungen beim Europäischen Patentamt in München angemeldet. Das muß man sich mal vorstellen. In Mark gerechnet sind das 78.000 Mark. Vor allem sind das 5,5 Prozent mehr Erfindungen als 1994. Die Branche boomt. Sie ist ein hellgrüner Zweig am Ölbaum des deutschen Aufbauwunders.

Da hat der Intendant Udo Reiter recht getan, diese Sendung regelmäßig zu senden mit zwei Moderatoren drin, der pfiffigen Dame Krause für die eine Zielgruppe und dem klugen Andreas Range für die andere. Die beiden sitzen oft in ihrem „Einfach-genial-Mobil“, einem Auto, und lehren uns in ihren so transparent gestellten Dialogen den Slang der Erfinder. Und damit nicht genug: Sie propagieren auch die Wahlverwandtschaft von Poesie und Erfindungskunst.

Letztens reimte sich Erika Krause die Psychologie von Dieben zusammen, nur um uns das Bedürfnis nach der Erfindung von Autodiebstahlsicherungen verständlich zu machen: „Wie er so nachdenkt voller Pein / Fällt ihm was Kriminelles ein.“ Und Andreas Range fügt sogar eine futuristische Metapher in sein Interview mit dem Erfinder einer „sprachgesteuerten Wegfahr- Sperre“ ein: „Aha, das ist das Geniale: Ich bin also selbst der Schlüssel. Ich bin diebstahlsicher. Ich kann diesen Schlüssel vor allen Dingen nicht vergessen, denn ich habe üblicherweise meine Stimme bei mir.“

Das hat er tatsächlich gesagt. Kurz will es einen noch jucken. Doch dann springt man – endlich! – wie vom Blitz gerührt an seinen Fernseher und nimmt ihn mitsamt seinem Andreas ganz, ganz fest in die Arme. Der Versuch mit Kaspar Hauser hat es erwiesen: Körperkontakt tut not. Marcus Hertneck