Viel gesagt, nichts passiert

Wie man einen Skandal erfolgreich aussitzt: Die Bevölkerungswissenschaftlerin Charlotte Höhn, die sich rassistisch äußerte, darf ihr Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung behalten  ■ Von Bernd Pickert

Das Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB) wird nicht aufgelöst. Wie aus der Antwort des Bundesinnenministeriums auf eine Kleine Anfrage der PDS hervorgeht, bleibt das umstrittene Institut entgegen der Ankündigung von Innenminister Manfred Kanther (CDU) in seiner bisherigen Form bestehen. Die durch ihre Äußerungen über die „Vermehrung kranker Menschen“ („Ist das vielleicht erstrebenswert?“) und die „niedrigere Intelligenz“ von Afrikanern in die Kritik geratene Bevölkerungswissenschaftlerin Charlotte Höhn bleibt die Institutsleiterin.

Höhn war im September 1994 unter großen öffentlichen Druck geraten, nachdem die taz Ausschnitte aus einem Gespräch mit ihr veröffentlicht hatte, in dem sie unter anderem beklagte, daß man heutzutage nicht mehr sagen dürfe, „daß die durchschnittliche Intelligenz der Afrikaner niedriger ist als die anderer“.

Charlotte Höhn hielt sich zum Zeitpunkt der taz-Veröffentlichung bereits als führendes Mitglied der deutschen Delegation bei der Weltbevölkerungskonferenz in Kairo auf. Als in der Bundesrepublik der Ruf lauter wurde, Höhn von dieser Position abzuberufen, beorderte Innenminister Kanther, als Dienstherr des seinem Ministerium unterstellten Bundesinstituts, Höhn vorzeitig zurück und leitete schließlich eine disziplinarrechtliche Untersuchung gegen Höhn ein, um die Vorwürfe des Rassismus gegen sie zu klären.

Nach Abschluß des Verfahrens teilte das Innenministerium am 16. Dezember 1994 mit, man sei zwar durch Urteil von Fachleuten zu dem Schluß gekommen, daß Charlotte Höhn keine Rassistin sei, jedoch zeigten ihre Äußerungen „mangelndes Gespür“. Die Folge: Höhn sollte zwar nicht disziplinarisch belangt werden, dafür aber, so ließ Kanther mitteilen, solle ihr Institut ins Statistische Bundesamt eingegliedert werden.

Die Lobby der Bevölkerungswissenschaft heulte auf. Der bevölkerungspolitische Chefkommentator der Frankfurter Allgemeinen, Klaus Natorp, meinte gar, die von „linken Gesinnungsschnüfflern“ – gemeint war die taz – „aufgebauschte Geschichte“ werde nun zu einem „Fall Kanther“. Natorp teilt mit Höhn die Mitgliedschaft in der „Kommission für Internationale Bevölkerungsfragen“ der Deutschen Gesellschaft für die Vereinten Nationen. Dort finden sich auch Klaus-Hennig Rosen, als Staatssekretär im Innenministerium in Kairo mit dabei, Josef Schmid von der Uni Bamberg, der im Zusammenhang mit der Höhn- Affäre als Gutachter tätig wurde, Ansgar Skriver, der als WDR- Journalist der taz vorwarf, Höhn mit unseriöser Berichterstattung „übers Ohr gehauen“ zu haben.

Eine Lobby mit Erfolg. Ende Januar diesen Jahres fragte die Bundestagsabgeordnete Heidi Knake-Werner (PDS) nach, was denn aus der beabsichtigten Auflösung des BiB geworden sei. Sie erhielt die Antwort: „Eine Auflösung des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung ... ist nicht vorgesehen.“

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