Lauschangriff ist erlaubt

Brandenburgischer Landtag verschärft Polizeigesetz  ■ Von Annette Rogalla

Berlin/Potsdam (taz) – Der Landtag von Potsdam hat gestern ein neues Polizeigesetz verabschiedet. Es ist eines der schärfsten in der Bundesrepublik. Nach sechsmonatiger Beratung im Parlament stimmte eine breite Mehrheit dem umstrittenen Entwurf des sozialdemokratischen Innenministers Alwin Ziel zu. Demnächst brauchen sich die Polizisten in Brandenburg nicht mehr mit Dienstnummern zu kennzeichnen. Die Polizei darf Personen, bei denen „Anhaltspunkte dafür vorliegen“, daß sie Straftaten begehen wollen, nach richterlicher Zustimmung bis zu vier Tage in Gewahrsam nehmen. Ebenso darf sie mit richterlicher Zustimmung Privatwohnungen belauschen, wenn sie ihrer Meinung nach damit einer Straftat vorbeugt. Mit diesen Verschärfungen hatte sich Innenminister Ziel in den vergangenen Monaten heftige Kritik zugezogen. Selbst Mitglieder des Kabinetts protestierten, etwa der parteilose Justizminister. Dem Gesetz sei der „Beifall aller CDU-regierten Länder und des Bundesinnenministers sicher“, sagte Otto Bräutigam.

Auch von den Genossen in der Partei war Ziel zunächst gescholten worden. Die innenpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion im Brandenburger Landtag, Britta Stark, hatte darauf gedrungen, daß das Wirken der Polizei kontrollierbar bleiben müsse und die Grundrechte der Bürger nicht verletzen dürfe. Nun haben die Mahner in den eigenen Reihen resigniert.

Ein vehementes Nein gegen die Verschärfung hatten außerparlamentarische Gruppen formuliert. Anfang Februar hatte sich ein „Runder Tisch Polizeigesetz“ konstituiert, dem 16 Gruppen angehörten. Die Polizeiaufgaben seien zu weit gesteckt und müßten auf die Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit beschränkt werden. Der Runde Tisch hatte zehn konkrete Änderungswünsche vorgestellt. Vor allem die Kennzeichnungspflicht wurde verlangt, die Reduzierung des Vorbeugegewahrsams, der Verzicht auf Lauschangriff und andere nachrichtendienstliche Mittel, das Recht auf Akteneinsicht sowie die Beschränkung des Schußwaffengebrauchs.

Unterstützung hatte sich Ziel gestern von der Polizeigewerkschaft im Deutschen Beamtenbund besorgt. Einige Mitglieder demonstrierten für die Verabschiedung des Gesetzes.

Entsetzt über das Gesetz zeigte sich der innenpolitische Sprecher der SPD im Berliner Abgeordnetenhaus, Hans-Georg Lorenz. Er forderte, daß es nach der Fusion der Länder Berlin und Brandenburg ein einheitliches Polizeigesetz geben müsse. Dies heiße, über das neue brandenburgische Gesetz müsse verhandelt werden; vor allem die lange Sicherheitshaft können die Berliner Genossen nicht akzeptieren.