Prinz Charles sucht Öl

■ Vermutlich 50.000 Vögel kostet das Tankerunglück vor Wales das Leben

Dublin (taz) – So etwas fragt man ja auch nicht. Prinz Charles rümpfte indigniert die Nase, als ihn ein Fernsehreporter über die anstehende Scheidung von Diana interviewen wollte. Schließlich war der englische Thronfolger nach Milford Haven gekommen, um sich vor Ort über die Umweltkatastrophe zu informieren, die die „Sea Empress“ angerichtet hat. Der Öltanker war vor gut zwei Wochen vor Wales auf Grund gelaufen, knapp 70.000 Tonnen Rohöl flossen ins Meer. Die restlichen 50.000 Tonnen Ladung konnten bis gestern abgepumpt werden.

Charles ließ sich per Hubschrauber über die verseuchten Strände fliegen und ging danach am West Angle Beach an Land. Dort erfuhr er, daß eine seltene Entenart am schlimmsten vom Öl betroffen ist: Die meisten dieser 6.000 Vögel – ein Fünftel der britischen Gesamtzahl – werden wohl eingehen. Tierexperten schätzen, daß insgesamt 50.000 Vögel sterben werden. Was das Öl unter den Fischen angerichtet hat, ist unklar.

Die britische Regierung hat am Mittwoch einen knapp 500 Quadratkilometer großen Küstenstreifen auf unbestimmte Zeit für die Fischerei gesperrt. Wissenschaftler hatten festgestellt, daß verschiedene Weichtiere hundertmal mehr Öl enthielten als üblich. Der Schaden für die Fischereiindustrie beträgt umgerechnet 50 Millionen Mark im Jahr. Das ist freilich nur ein Bruchteil im Vergleich zu den Gesamtkosten. Für Bergung, umweltrettende Maßnahmen und Schadensersatz werden Hunderte Millionen zusammenkommen.

Über die genaue Zahl schweigt sich Texaco noch aus. Der Ölkonzern, für dessen Raffinerie in Milford Haven die Ladung bestimmt war, hat zwar die Verantwortung für die Katastrophe übernommen, wird sich das Geld jedoch von der zypriotischen Reederei „Seatanker“ zurückholen. Ihr gehört die „Sea Empress“. Das kann dauern: Der Exxon-Konzern erklärte vorgestern, daß noch immer nicht geklärt ist, wer für die Kosten des „Exxon-Valdez“-Unglücks 1989 vor Alaska geradestehen muß.

Die britische Regierung hat eine Untersuchung der Katastrophe von Milford Haven eingeleitet. Sie ist unter Beschuß geraten, weil es bereits das dritte Unglück an dieser Stelle innerhalb von einem halben Jahr war, aber dennoch nichts unternommen wurde. Anders als in den USA, wo doppelwandige Tanker vorgeschrieben sind, können in Europa noch immer einwandige Schiffe die Meere unsicher machen. Außerdem sagte der Labour-Abgeordnete für Pembroke, Nick Ainger, daß die moderne Radaranlage am Rand der Bucht von Milford Haven bereits seit sechs Monaten außer Betrieb sei. Ralf Sotscheck