Simonis: „Steilvorlage für rechtsradikale Parteien“

■ SPD-Ministerpräsidentin rügt Lafontaine für die Forderung nach Begrenzung des Aussiedlerzuzugs. SPD-Chef: „Edelmut von Wohlstandbürgern“

Karlsruhe/Bonn (dpa) – Der SPD-Vorsitzende Oskar Lafontaine hat seine Forderung nach einer Beschränkung des Zuzugs von Aussiedlern am Wochenende bekräftigt. Eine „vernunftgemäße Steuerung“ sei angesichts von Massenarbeitslosigkeit und zunehmender Wohnungsnot geboten, sagte er bei den SPD-Arbeitnehmern in Karlsruhe und beim Parteitag der NRW-SPD in Duisburg.

Unterdessen ging die Kritik an Lafontaines Thesen auch in den eigenen Reihen weiter. Die Ausländerbeauftragte der Bundesregierung, Cornelia Schmalz-Jacobsen (FDP), warnte davor, die Aussiedler zu einem Wahlkampfthema zu machen. Sie plädierte erneut für ein Einwanderungsgesetz, um den Zuzug nach Deutschland besser zu steuern.

Lafontaine sagte in Duisburg, sein Hinweis, die Aussiedler hätten in den vergangenen Jahren die größte Gruppe der Zuwanderer gestellt und die höchsten Sozialleistungen erhalten, sei keine Stigmatisierung. Von dem unbeschränkten Zuzug seien insbesondere sozial Schwache betroffen – diejenigen, „die eine Sozialwohnung suchen, aber keine bekommen, weil die Gemeinden sie nach dem Gesetz den Aussiedlern zuweisen müssen“, sagte er in Karlsruhe. Inakzeptabel sei für ihn der „Edelmut der Wohlstandsbürger“, die seine Forderung als ausländerfeindlich ablehnten. Lafontaine erklärte weiter, während die Position der CDU in diesem Punkt unklar sei, trieben es die Grünen „am tollsten“. Deren Vorstandssprecher Jürgen Trittin habe sich selbst noch vor zwei Jahren für die beschränkte Zuwanderung von Aussiedlern ausgesprochen, nun bezeichne er Lafontaines Vorschlag als zynisch.

Damit reagierte der SPD-Vorsitzende auf die Kritik des Grünen- Parteitags in Mainz am Wochenende, der Lafontaines Forderung als „schamlose und zynische Kampagne“ bezeichnet hatte.

Bundesinnenminister Kanther (CDU) warnte vor einer Fortsetzung der „Antiaussiedlerkampagne“. Niemand werde es verstehen, wenn die SPD gegen deutsche Aussiedler Maßnahmen fordere, die sie gegen den Asylmißbrauch jahrelang abgelehnt habe. Bundesjustizminister Schmidt-Jortzig (FDP) warf der SPD „Panikszenarien“ vor. Auch er sprach sich für ein Einwanderungsgesetz aus.

Schleswig-Holsteins Ministerpräsidentin Simonis (SPD) meinte: „Es gibt Themen, die gehören nicht auf den Hauklotz von Wahlkämpfen. Dazu gehört die Frage, wie gehen wir mit dem Zuzug von Spätaussiedlern um.“ Sie warnte davor, „daß aus einer guten Absicht ... eine Steilvorlage für rechtsradikale Parteien wie DVU, NPD oder Republikanern wird“.