: Touris in die Torfkähne
■ Bremen erleben, jenseits der Stadtmusikanten: eine Ausstellung zum „sanften Tourismus“ in der Angestelltenkammer
„Ein Glück, daß wir die Stadtmusikanten haben!“, lacht Klaus Kellner, Verleger von Sachbüchern und Bremensien. Sonst wäre Bremen womöglich noch unbekannter. Angela Wilhelms, Koordinatorin beim Arbeitskreis „Freizeit und Tourismus im Weserland“, pflichtet ihm bei: „Die BremerInnen selbst finden ihre Stadt gut, nur kommt das woanders nicht so rüber.“ Jetzt will der AK zeigen, daß Bremen und die Region neben den bekannten Attraktionen, neben Roland und Schnoor, auch Torfkahnfahrten und andere lokale Besonderheiten zu bieten hat, die zum „sanften Topurismus“ gerechnet werden. Beispiele zeigt jetzt eine Ausstellung in der Angestelltenkammer: „Weserland im Fluß“.
Der Titel ist doppeldeutig, erläuterte Jürgen Seevers vom Arbeitskreis auf der gestrigen Eröffnungsveranstaltung. Einerseits soll die Weserregion als Landschaft zum Ausdruck kommen, die zum Wandern und Bootsfahren einlädt. Andererseits steht der Titel für die vielen Initiativen und Gruppen, die sich um die Freizeitgestaltung kümmern, ohne daß die breite Öffentlichkeit etwas davon merkt. Großprojekte wie die neuen Messehallen oder der „Ocean Park“ sind viel bekannter, so Seevers; Projekte des sanften Tourismus' werden im Vergleich dazu fast gar nicht gefördert.
Dabei habe eine neue Studie des Deutschen Wirtschaftswissenschaftlichen Instituts in München bestätigt, daß „ein Großteil der StädtebesucherInnen nicht Messegäste sind, sondern Freunde und Bekannte besuchen“, führt Seevers weiter aus. Diese Zielgruppe möchte der Arbeitskreis Freizeit und Tourismus im Weserland ansprechen. 13 Vereine und Institutionen und zehn Gemeinden haben sich vor vier Jahren in diesem offenen Forum zusammengeschlossen, um gemeinsam für ihre Angebote im sanften Tourismus zu werben.
Auf großen Bildtafeln im Foyer der Angestelltenkammer werben sie nun für Torfkahnfahrten und alternative Hafenrundfahrten, preisen den Bremer Karneval, Strand- und Straßenfeste. Mitmachaktionen sollen die AusstellungsbesucherInnen animieren: Sie sollen die Tiere und Pflanzen der Weser dem richtigen Lebensraum zuordnen, raschelnde Gegenstände in Bechern erraten und aus einem Säckchen die richtigen Kaffeebohnen erkennen.
Den Stolz auf die eigene Stadt stärken möchte auch Sunke Herlyn vom Senator für Stadtentwicklung: „Aus der Identifikation mit der eigenen Stadt wächst das Angebot an die Gäste.“ Unverwechselbare Anziehungspunkte für die BürgerInnen und die Gäste seien wichtig: „Auf Bremensien kommt es an, vom Space Park bis zur Shakespeare Company“, so Herlyn.
Aber bitte keine rückwärtsgerichteten Bremensien, erwidert Kellner. Er wirft der Bremer Verlagslandschaft eine zu einseitige Beschäftigung mit Bremer Vergangenheit vor: „Der Gegenwarts- und Tourismusbereich bei den Büchern über Bremen ist unterbelichtet“. Darunter leide auch das Werbeimage der Stadt: Große preiswerte Reiseführer-Verlage haben Bremen nicht im Programm.
Um hier ein positives Gegenzeichen zu setzen, versucht der Arbeitskreis, die kleinen Verbände des sanften Tourismus werbewirksam zu bündeln und gemeinsam Reklame zu machen. Nur so hätten sie und damit auch die Region eine Chance, bekannter zu werden. Und schließlich „ist das wirtschaftliche Potential im Freizeit- und Tourismusbereich eines der größten in Europa.“, merkt Angela Wilhelms an. Das sei gerade in Zeiten der ansonsten so unsicheren Arbeitsplätze doch nicht unwichtig. bik
Bis 31.3., Angestelltenkammer, Violenstr. 1
Parallel zu der Ausstellung finden im März verschiedene Veranstaltungen des Arbeitskreises Freizeit und Tourismus im Weserland sowohl im Kultursaal der Angestelltenkammer als auch in der Natur statt, von der Diskussion über verschiedene Weservisionen bis zur Fahhradtour durch Findorff. Programme liegen in der Angestelltenkammer aus.
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