„Ab sofort gilt eiserne Haushaltsdisziplin“

■ Alles wird teurer: BVG, Unis, Wohnen, Theater, Schulspeisung und und und...

Die neue Finanzsenatorin Annette Fugmann-Heesing (SPD) brachte gestern auf den Punkt, was die Koalition bis tief in die Dienstagnacht an Einsparungen und Gebührenerhöhungen beschlossen hat: „Das Finanzkonzept verlangt viel von den Bürgerinnen und Bürgern.“ Aber auch die Verwaltung werde von den Sparanstrengungen nicht ausgenommen: „Ab sofort gilt eiserne Haushaltsdisziplin.“ Hier erste Details:

– Im öffentlichen Dienst werden bis 1999 nicht nur 22.000 Stellen abgebaut, sondern wird „bis auf Ausnahmen“ (Diepgen) auch niemand mehr eingestellt (75 Millionen Mark Einsparsumme 1996). Beförderungen werden nur noch nach einer Wartezeit von einem Jahr ausgesprochen.

– Die Lohnkostenzuschüsse für neugeschaffene Arbeitsplätze werden reduziert.

– Bis 1999 werden nur noch 31.000 Sozialwohnungen gebaut, die Mittel für Mordernisierung und Instandsetzung um ein Fünftel gekürzt.

– Die Mietnebenkosten steigen, weil das Land Berlin die Gebühren für die Entsorgung von Abwasser erhöht.

– Bauverträge für neue Entwicklungsgebiete werden vorläufig nicht mehr abgeschlossen.

– Eltern müssen in diesem Jahr für die Unterbringung ihres Kindes in der Kita elf statt der bisher zehn Monatsbeiträge zahlen. Ab kommenden Jahr verlangt das Land zwölf Monatsbeiträge.

– 600 Erzieherstellen, hauptsächlich in Ostberlin, werden in diesem Jahr gestrichen (42 Millionen Mark).

– Bis auf weiteres werden keine neuen Schulen mehr gebaut. Die berufsbildenden Schulen erhalten dieses Jahr 6,4 Millionen Mark weniger. Die Zuschüsse für Privatschulen werden ab 1997 um 17 Millionen Mark gekürzt. Der Elternbeitrag pro Essen wird ab August von 2,20 auf 4,40 Mark verdoppelt.

– In der Senatsverwaltung Jugend, Schule und Sport wird das Programm Jugend mit Zukunft um 4,2 Millionen auf 22,8 Millionen gesenkt.

– Die Zahl der Studienplätze soll bis 1999 von derzeit 115.000 auf 85.000 abgebaut werden. Ob die Kosten pro Platz in Berlin über dem Bundesdurchschnitt liegen, soll eine Arbeitsgruppe der Wissenschaftsveraltung bis Mitte nächsten Jahres errechnen.

– Pro Semester werden künftig Studiengebühren von 100 Mark verlangt.

– Die Kunsthochschule Weißensee bleibt erhalten. Die Schauspielschule Ernst Busch dagegen geht in der Hochschule der Künste in der Hardenbergstraße auf. Der dortige Studiengang Schauspiel wird gestrichen.

— Zum Opfer fällt auch die landwirtschaftlich-gärtnerische Fakultät an der Humboldt-Universität.

– Die vorklinische Ausbildung wird auf Steglitz beschränkt und nicht mehr wie geplant in der Charité eingerichtet.

– Die drei Uni-Kliniken Benjamin Franklin in Steglitz, Virchow und Charité sollen bis zum Jahr 2003 jährlich 90 Millionen Mark weniger ausgeben. Hierzu wird eine Finanz- und Wirtschaftskommission eingerichtet, der neben Vertretern des Senats auch die Vizepräsidenten der medizinischen Bereiche der FU und Humboldt angehören.

Weniger Geld erhalten die Forschungsinstitute, darunter auch das Hahn-Meitner-Institut. Dem Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung fließen in diesem Jahr eine Million Mark weniger an Landeszuschüssen zu. In ähnlicher Größenordnung verringern sich voraussichtlich auch die Subventionen des Bundes.

– Der Forschungsstandort Adlershof soll zwar erhalten, das darauf befindliche Institut für Angewandte Chemie (ACA) aber geschlossen werden.

– Von den 76 Frei- und Hallenbädern wird noch in diesem Jahr das Sport- und Erholungszentrum Friedrichshain (SEZ) an ein Privatunternehmen verkauft. Bis zu neun weitere Bäder sollen freie Träger oder Vereine betreiben, damit sie nicht geschlossen werden.

– Bei der BVG werden die Zuschüsse für die Sozialkarte gekürzt oder ganz abgeschafft.

– Die Sonderleistungen des Landes für politisch und rassisch Verfolgte werden an neue Antragsteller nicht mehr gezahlt (Stichtagsregelung).

– Die Staatsbühnen werden ab nächstem Jahr insgesamt mit 25 Millionen Mark weniger bezuschußt. Der beabsichtigte Vertrag mit dem Metropoltheater wird überarbeitet, die Zuschüsse gekürzt und Investitionen von 100 Millionen Mark ins nächste Jahrzehnt verschoben. Die Zuschüsse an den Friedrichstadtpalast werden bis 1999 von heute 18 auf 10 Millionen Mark, beim Theater des Westens auf 15 Millionen reduziert. diak/sev/tt