Watschen für Theo Waigel

■ Bundesanstalt für Arbeit kritisiert Bonns Sparkurs

Die Bundesanstalt für Arbeit hat sich bislang mit Kritik an der Bundesregierung vornehm zurückgehalten. Angesichts des neuen Arbeitslosenrekords scheinen diese Zeiten vorbei zu sein. Die deutlichen Worte des Chefs des Nürnberger Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung, Hanspeter Leikeb, kommen einer Sensation gleich. „Wir dürfen uns nicht kaputtsparen, die labile Situation könnte sich dann krisenhaft zuspitzen“, lautet Leikebs klare Absage an den rigorosen Sparkurs von Bundesfinanzminister Theo Waigel.

Waigel hat bislang, stets die Kriterien von Maastricht für die Währungsunion im Blick, der Konsolidierung des Haushalts Vorrang vor konjunkturfördernden Maßnahmen oder Beschäftigungsprogrammen eingeräumt. Die würden nur die Verschuldung in die Höhe treiben und damit die Währungsunion gefährden – und seien letztlich Ausdruck antieuropäischer Gesinnung.

Für Instituts-Chef Leikeb kann die Haushaltskonsolidierung dagegen bei knapp 4,3 Millionen Arbeitslosen und rund 6 Millionen fehlenden Arbeitsplätzen nur mittelfristig das Ziel sein. Das prognostizierte Wirtschaftswachstum von etwa 0,5 Prozent wird zudem die Lage eher noch verschärfen als entspannen. Wenn man wirklich den Abbau der Arbeitslosigkeit als vorrangig betrachtet und sich darüber nicht nur in Neujahrsansprachen und Wahlkampfreden ausläßt, dann, so die Botschaft Leikebs, ist knallhartes Sparen der öffentlichen Hand das denkbar schlechteste Rezept. Denn das Ergebnis davon wäre, daß die Kaufkraft sinkt und die öffentlichen Aufträge gegen null tendieren. Die Folge sieht man überdeutlich an der Bauwirtschaft. Dort droht in diesem Jahr rund 20.000 Firmen der Konkurs.

Es ist ein Affront gegen Waigel und Bundeskanzler Kohl, daß auch BfA- Präsident Bernhard Jagoda seinem Chefstatistiker beipflichtete. Der Weg nach Europa sei zwar richtig, betonte der CDU-Mann, doch man dürfe nicht „auf 1997 übersensibilisiert wie das Kaninchen auf die Schlange starren“. Jetzt müsse die deutsche Wirtschaft gepuscht werden, damit Wachstum entsteht und die Ziele 1997 überhaupt erreichbar werden. Eine kräftige Watschen aus Nürnberg für Sparkommissar Waigel. Bernd Siegler