Das Gesetz kennt immer noch die Frauensperson

■ Viel Muff in Paragraphen: das „Kranzgeld“ etwa oder „uneheliches Beiwonhen“

Berlin (taz) – Beschäftigen Sie sich etwa „mit der Herstellung, Bearbeitung und Verpackung von Präservativen, Sicherheitspessaren und anderen ähnlichen Zwecken dienenden Gegenständen“? Zarte Frauengemüter verkraften solcherlei Arbeit nicht im Beisein des männlichen Geschlechts. Das dachte sich in den 50er Jahren zumindest der Gesetzesgeber. Und so schuf er eine Verordnung, die besagte: Frauen und Männer, die Kondome herstellen, dürfen nicht gleichzeitig in einem Raum beschäftigt werden. Diese Verordnung, so versichert eine Sprecherin des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung, sei inzwischen gestrichen. Allerdings galt sie noch bis in die 80er Jahre.

Krude Vorschriften und Gesetze finden sich heutzutage nur noch selten in deutschen Juristenwerken. Die „Frauensperson“ etwa taucht nur noch im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) auf. Dort heißt es altmodisch im Paragraphen 825: „Wer eine Frauensperson durch Hinterlist (...) zur Gestattung der außerehelichen Beiwohnung bestimmt, ist ihr zum Ersatze des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.“

Gängiger ist inzwischen die geschlechtsneutral gemeinte, aber männlich geprägte Wortwahl: So ist im Ausländergesetz „dem Ehegatten eines Ausländers“ eine Aufenthaltsgenehmigung zu erteilen, im Arbeitsrecht gibt es „den unkündbaren schwangeren Arbeitnehmer“ und die Strafprozeßordnung kennt längst „das Zeugnisverweigerungsrecht des Verlobten des Beschuldigten“.

Paragraphen, die sich allein auf das leibliche Wohl des weiblichen Geschlechts beziehen, werden seltener. Sicherlich, vor allem das Sexualstrafrecht zeichnet sich – trotz aller Reformgedanken – immer noch durch grobe Frauenfeindlichkeit aus. Die Vergewaltigung in der Ehe etwa existiert in Gesetzen immer noch nicht. Und auch der Paragraph 218 dürfte mit seinen Tücken allen Frauen hinlänglich bekannt sein.

Weniger bekannt mögen die Paragraphen 236 und 238 im Strafgesetzbuch sein. Dort ist festgeschrieben, daß ein Mann, der eine „unverehelichte Frau unter 18 Jahren mit ihrem Willen“ aber gegen den ihrer Eltern entführt, um sie sodann zu „außerehelichen sexuellen Handlungen“ zu verführen, mit Haftstrafen bis zu fünf Jahren rechnen muß. Heiratet der Jüngling anschließend jedoch seine Auserkorene, so entfällt die Bestrafung.

Auch im Eherecht steckt noch manch altertümlicher Stoff. So etwa der Paragraph 1300 BGB, der das „Kranzgeld“ regelt. Scheitert ein Verlöbnis, und „eine unbescholtene Verlobte“ gestattete ihrem Verlobten zuvor „die Beiwohnung“, so kann die Frau „eine billige Entschädigung in Geld verlangen“. Sprich: vögelte eine Frau mit ihrem Verlobten, und er kündigt ihr dann das Eheversprechen, so kann sie Schadensersatz verlangen. Immerhin, so die Begründung, könnten sich durch die Defloration die Heiratschancen der Frau drastisch vermindern.

Das derlei Pargraphen überholt sind, hat inzwischen sogar die Regierung gemerkt. Ein entsprechender Gesetzentwurf wurde unlängst vom Kabinett gebilligt. Das Parlament muß ihm noch zustimmen. Bis das geschehen ist, können deflorierte Damen jedoch immer noch vor Gericht ziehen, um sich die sexuellen Dienste von ihrem Ex-Verlobten bezahlen zu lassen. Karin Flothmann