Huren wollen nicht mehr im dunkeln arbeiten

■ Die Bundestagsabgeordneten sollen einem Gesetzentwurf zustimmen, der Prostitution als Dienstleistung anerkennt. Das wäre auch das Ende der Sperrbezirke

Der Bundestag wird sich voraussichtlich im April mit einem Gesetzentwurf beschäftigen, der die Prostitution aus der Illegalität befreien soll. Hauptbestandteil dieses Entwurfs, den Selbsthilfeorganisationen vorgelegt haben, ist die Anerkennung der Prostitution als Dienstleistung. Der Gesetzentwurf bezieht sich auf Artikel 12 des Grundgesetzes: Recht auf freie Wahl des Berufes.

Bisher arbeiten Huren zwar in einem der wenigen florierenden Wirtschaftszweige – der geschätzte Jahresumsatz liegt bei 12,5 Milliarden Mark –, können sich aber weder versichern noch ihre Arbeitskleidung, Verhütungsmittel, Betriebseinrichtungen, Miete etc. von der Steuer absetzen. Außerdem sieht der Entwurf vor, eine Reihe von diskriminierenden Paragraphen aus dem Strafgesetzbuch zu streichen – unter anderem die Regelung, die es Landesregierungen ermöglicht, Sperrgebiete festzulegen, in denen Prostitution verboten ist. Diese Sperrbezirke, wie sie in vielen Städten Deutschlands üblich sind, drängen Prostituierte in unsichere und unbelebte Außenbezirke und stärken die Position einzelner Bordellbesitzer in den Gegenden, in denen Prostitution erlaubt ist. Oft zahlen Huren hier Tagesmieten von bis zu 350 Mark für ein kleines Zimmer.

Verstößt eine Frau gegen die Sperrbezirksverordnung, muß sie nach geltendem Recht mit einer Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten rechnen. Doch nicht nur im Strafgesetzbuch werden Huren als Menschen zweiter Klasse behandelt. Da Prostitution im rechtlichen Sinne kein Gewerbe ist, sind Verträge zwischen Hure und Freier nichtig und gelten als sittenwidrig. Damit haben Prostituierte keinen gerichtlich durchsetzbaren Anspruch gegen ihre Kunden.

Sowohl die Bündnisgrünen als auch die PDS unterstützen den Entwurf, machen allerdings noch Einwände geltend: Da sei zum Beispiel der Vorschlag, Zuhälterei bereits ab 16 Jahren zu legalisieren, moniert Sonja Kiesbauer, Bundestagsabgeordnete der PDS. Der Entwurf gehe von einem „Arbeitsverhältnis zwischen Gleichen“ aus, so Kiesbauer. „Dabei gibt es bei Minderjährigen ein besonders schwieriges Abhängigkeitsverhältnis.“ Auch die grüne Abgeordnete Irmingardt Schewe-Gerigk meint: „Wir können nicht auf alle Schutzrechte verzichten.“

Die Grünen hatten im vergangenen Jahr bereits einen eigenen Gesetzentwurf erarbeitet, wollen aber jetzt der Hurenbewegung die Initiative überlassen. Diese drängt mit guten Argumenten darauf, ihren Antrag fraktionsübergreifend einzubringen: Sie würden genügend Politiker persönlich kennen, die ihre Dienste in Anspruch nähmen, formulierte eine Hure im vergangenen Jahr bei der Vorstellung des Entwurfs auf einem Kongreß. Karin Gabbert