piwik no script img

Mit „allem Nachdruck“ ermittelt

■ Vorwürfe im Fall Joel Boateng für Staatsanwaltschaft abwegig

Die Staatsanwaltschaft schießt zurück: Der Vorwurf, sie versuche Joel Boateng – nach eigenen Angaben Opfer einer „Scheinhinrichtung“ durch zwei Hamburger Polizisten – mit „dubiosen und rechtswidrigen Ermittlungsmethoden unglaubwürdig zu machen, um so eine Tataufklärung zu verhindern“, sei schlicht „abwegig“. Dem „von Boateng erhobenen Vorwurf“ werde „mit allem Nachdruck“ nachgegangen. Nicht die Ermittlungsarbeit von Polizei und Staatsanwaltschaft, sondern die vom „Komitee zur Verteidigung der Menschenrechte“ erhobenen Vorwürfe der „Aussageerpressung“ und „einseitigen Ermittlungsführung“ würden „Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Zeugen Boateng verstärken“. Allerdings räumt Staatsanwaltschaftssprecher Rüdiger Bagger „in der Person des Zeugen Boateng begründete Zweifel an der Glaubwürdigkeit seiner Darstellung“ ein. Er bestätigt aber, daß „Personen seines (Boatengs) Umfeldes“ von der Staatsanwaltschaft oder Ermittlern der für Beamtendelikte zuständigen „Dienststelle für interne Ermittlungen“ (DIE) vernommen wurden, um „entweder die Glaubwürdigkeit des Zeugen zu stützen oder aber die Polizei“ von dem „schweren Vorwurf entlasten zu können“.

Wie diese Umfeldermittlungen zumindest teilweise ausgesehen haben dürften, davon weiß ein Schwarzafrikaner zu berichten, dessen Gedächtnisprotokoll einer polizeilichen Vernehmung der taz jetzt bekannt wurde. Der Mann, der Ende Januar in St.Pauli wegen geringfügigen Drogenbesitzes vorläufig festgenommen worden war, wurde nach eigenem Bekunden von DIE-Ermittler B. Straffreiheit in Aussicht gestellt. Bedingung: Er müsse bestätigen, daß der ihm bekannte Boateng die Scheinhinrichtungs-Beschuldigungen nur aufgestellt habe, um sich – etwa über Medienhonorare – persönlich zu bereichern. Zudem hätte der Beamte keine Zweifel daran gelassen, daß es sich bei den Scheinhinrichtungsvorwürfen Boatengs um „eine Lüge“ handele. Marco Carini

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen