Migrantinnen erobern den Frauentag

■ Demo „Frauenräume erhalten“ rüttelt ansonsten nur wenige auf

Sie fielen auf, die alten Frauen mit den weißen Kopftüchern. Schon anteilshalber, denn nur rund 150 Frauen waren gestern in Bremen demonstrieren. Die stattlichen Damen, die behäbig hinter der „Kurdischen Frauengruppe“ herschritten, strahlten auch aus, daß sie hier um etwas kämpfen wollten. „Wir wollen Freiheit für alle politischen kurdischen Gefangenen in der Türkei und in Deutschland“ – stand auf dem Transparent, das den alten Kurdinnen vorausgetragen wurde. „Diese Frauen sind alle über 60“, übersetzte eine Begleiterin. „Es sind einige Mütter, die gerade aus Kurdistan zu Besuch nach Bremen gekommen sind. Sie wollten sofort mit zur Demonstration.“

Die Begleiterin ist Ferhunde Gürlyk. Sie erzählt, daß 18 bis 30 zumeist kurdische Frauen fanden, daß es an der Zeit sei, eine Gruppe zu bilden und zum ersten Mal auf die Straße zu gehen. „Unser Motto ist, daß die Frauengruppen nicht Zielscheibe der Bremer Sparpolitik sein dürfen.“

Für die Frauenprojekte zogen auch die übrigen Demo-Teilnehmerinnen gestern durch die Bremer Innenstadt. „Es geht darum, daß sie erhalten, unterstützt und nicht bloß mit warmem Händedruck gewürdigt werden“, rief die Landesgleichstellungsbeauftragte Ulrike Hauffe. „Das sind Zufluchtsorte, die aus einem Bedarf heraus entstanden sind!“

„Ich bin eine Betroffene.“ Eine junge Frau mit gelb gefärbtem Haar ist selbst im Frauenhaus untergekommen, warum, möchte sie nicht sagen. „Wir wissen doch nicht wohin, und jetzt sollen wir auf einmal für eine Hilfe wie die psychologische Beratung selbst bezahlen.“

150 Arbeitsplätze stecken in den Bremer Frauenprojekten, hinzu kommen 300 Honorarkräfte. Um die Anerkennung ihres täglichen Improvisationsaktes sowie die (unter) Wertschätzung aller berufstätiger Frauen ging es gestern dann nach der Demo beim „Frauenparlament“ in der Bürgerschaft. „Was heißt hier eigentlich Arbeit?“ das Thema. Eine Mutter, seit 20 Jahren „erwerbslos“, leicht frustriert: „Ich möchte jetzt endlich etwas tun.“ – „Wir haben keine Lust auf eine Arbeit, die nur noch Feuerwehrfunktion hat“, betonte eine junge Sozialarbeiterin. Eine EDV-Fachfrau teilte mit, das Arbeitsamt bewillige seit kurzem reine Maßnahmen für Frauen nicht mehr. „Wir müssen aufpassen, daß im Zuge der Sparwelle nicht wieder die Frauenprojekte das Ende sind, das abgeschnitten wird“, unterstrich eine Zuhörerin.

Zuvor war eine Vetreterin des Migrantinnenrats auch in der Bürgerschaft ans Mikrofon getreten: „Wir stehen auf der beruflichen Anerkennungsleiter noch eine Stück weiter unten!“ Dafür hatten sich die alten Kurdinnen im Parlament in die vorderen Reihen gesetzt. sip