Schumi an die Box?

Soll Michael Schumacher aufhören? Noch vor dem Formel-1-Auftakt heute nacht in Melbourne? Pro und Corinna: Die Kontroverse, die eine Nation eint

JAWas für eine überflüssige Frage! Zunächst einmal: Es war richtig von Mischael Schumacher (27), von Benetton wegzugehen. Aber nun: War es auch richtig, zu Ferrari zu gehen? Wäre es nicht besser gewesen: zu Corinna zu gehen. Oder gleich dahin, wo der Pfeffer wächst? Und man Steuern sparen kann?

Damit eins mal klar ist: Was man auf keinen Fall machen darf, ist Mischael vorzuwerfen, seine hundert Millionen Mark Jahreseinkommen nicht bei Theo zu versteuern. Erstens ist es eine schwierige Situation, sich im Steuerdschungel zurechtzufinden. Sagt Schumacher auch. Zweitens: Jeder, der die Möglichkeit hat, Steuern zu sparen, würde diese Möglichkeit nutzen. Sagt Schumacher auch. Drittens: Hat Mischael schon ein paar Millionen Steuern in Kerpen gelassen. Sagt er auch. Und ob es nun tatsächlich hundert Millionen sind oder doch ein bißchen mehr? Mischael Schumacher ist „mit dem zufrieden, was ich habe“. Nicht zuletzt seine Bescheidenheit hat ihn dahin gebracht, wo er ist: nach Monte Carlo.

Was nun die Frage des Aufhörens betrifft, zunächst einige erstaunlich-statistische Anmerkungen. Bevor morgen in Adelaide (4 Uhr MEZ, RTL, live) Mischael mit der Nummer 1 losbrummelt, hat er in genau 69 Grand Prix die Stellung gehalten. 19mal hat er gewonnen. 2-15-1-69-19. Alles Glückszahlen! Aber nun: Sein neues Auto hat 700 PS, einen V10-Motor, nennt sich F310. Seit 17 Jahren hat Ferrari die Formel 1 nicht gewonnen. 700-10-310-17-1: Zahlen, die nichts Gutes verheißen.

Doch selbst wenn man das vernachlässigte; die alles entscheidende Frage ist doch: Warum war Schumacher im Urlaub nicht mit Corinna, sondern mit Corinna – und „Manager“ Willi Weber? „Was spricht dagegen?“ hat Mischael zwar harmlos uns Deutsche beruhigen wollen. Aber, ehrlich: Lernt man so was nicht in Monaco? Und an den Boxen der Formel 1, wo sich zügellose, verderbte, gierige Manager den Boliden geradezu auf den Schoß werfen?

Muß das sein? Hier bittet ein Land: Mischael, hör auf mit so was! Das ist doch nicht deine Welt! Stell dir vor: Du hängst wieder wie früher in der Werkstatt rum und darfst 'nen Ölwechsel mit Filter machen. Und bist von oben bis unten mit Öl besudelt. Wie? Das sind „natürlich keine schönen Momente“? Für uns schon, für uns sehr wohl. Mischael! Es ist doch so einfach: Deine Meinung ist: „Solange wir Rennsport machen, wird es Rennsport geben.“ Und was ist, wenn ihr keinen Rennsport mehr macht? Dann gibt es auch keinen Rennsport mehr! Daumen hoch! Auch Bild hat eine Zukunft ohne Gaspedal in diesen Tagen bereits visioniert: „In einem Stahlkäfig wird Schumi ins Meer versenkt.“ Die Fische röhren, der Meeresboden vibriert! So soll es geschehen. Und das Steuerzahlen wird dann ganz aufhören. Peter Unfried

JA„Michael war halt vor mir da“, sagt keineswegs zum ersten Mal Heinz-Harald Frentzen, die deutsche Nummer zwei in der Formel 1, über den Kollegen Schumacher und vergißt nicht hinzuzufügen: „Er hat unheimlich viel für den Motorsport in Deutschland getan.“

Finden wir auch, und jetzt reicht es! Genug damit, Schumi, daß es aus jedem Fernsehschirm brummt und dröhnt, daß man nirgends hinschauen kann, ohne sich blaue Augenflecken an Ihrem kantigen Konterfei zu holen, daß Menschen, die man für halbwegs bei Trost erachtet hatte, plötzlich nur noch von Slicks, Pole Positions und Boxenstopps faseln. Die Zeit ist gekommen, das Lenkrad an einen würdigen Nachfolger weiterzureichen: Heinz- Harald Frentzen, Huschke von Hanstein oder von uns aus auch Thomas Doll.

„Ich bin mit dem zufrieden, was ich habe“, sagen Sie, also handeln Sie auch danach. Was macht es für einen Sinn, im reifen Alter von 27 Jahren permanent in viel zu kleinen Autos herumzusitzen und „im Kreis rumzufahren“ (Niki Lauda). Was ist der Reiz daran, sich mit frechen Engländern rumzuärgern oder albernen italienischen Automechanikern, die sich den ganzen Tag über Fußball streiten, anstatt dafür zu sorgen, daß „wir in gewisser Hinsicht im Motorenbereich besser vorbereitet sind“? Wollen Sie tatsächlich ewig der kleine Kerpener Bub mit der schnellen Seifenkiste bleiben, der bei der Erwähnung seines privaten Fuhrparks leuchtenden Auges drauflos monologisiert, als habe ihm jemand eine Überdosis Testarossa ins Hirn gejagt? Wo der Nervenkitzel auch nicht mehr derselbe ist, wenn im nächsten Jahr der Airbag in der Formel 1 eingeführt wird.

Hinzu kommt eine eindeutige Motivationskrise. „Ich bin mit dem zufrieden, was ich habe“, erklären Sie schlapp, und die Weltmeisterschaft sei in diesem Jahr „irgendwo nicht realistisch“. Sagt Bayern München etwa, der FC Unterbiberach sei kaum zu schlagen? Behauptet Mike Tyson, daß er gegen Axel Schulz keine realistische Chance habe, irgendwo? Fragt sich der Mond, ob er in der nächsten Nacht wohl das Scheinen schafft? So viel Kleinmut hat auf keiner Zielgeraden etwas zu suchen. Kein Wunder, daß jeder aufrechte Ferrari gleich alle Viere von sich streckt, wenn Sie in seine Nähe kommen.

Hören Sie einfach auf! Verwirklichen Sie den Traum eines kleinen Häuschens in der Schweiz oder in Kanada, schmeißen Sie Ihren Manager raus, suchen Sie sich eine nette Frau, gehen Sie Ihrem Hobby nach (Fitneßtraining), lernen Sie, wie angekündigt, „aus persönlichen Gründen“ ein bißchen Italienisch, trinken Sie Ihr Lieblingsgetränk (Apfelsaft mit Mineralwasser) und hören dabei Ihre Lieblingsmusik (Phil Collins, Tina Turner, Michael Jackson) – aber bitte mit Kopfhörer.

„Er hat alles gewonnen, was zu gewinnen war“, sagt Heinz-Harald Frentzen ganz richtig über Sie. Bitte, bitte, lassen Sie es dabei bewenden und den Kleinen endlich auch mal ran: Bahn frei für Frentzi! Matti Lieske