CSU gelupft, Rot-Grün gerupft

■ CSU erobert rote Hochburgen bei Kommunalwahlen. SPD und Grüne in München wahrscheinlich behauptet

Nürnberg/München (taz) – Bundeskanzler Helmut Kohl, CDU-Generalsekretär Peter Hintze und CSU-Chef Theo Waigel strahlten um die Wette. Die CSU hat einige bei den letzten bayerischen Kommunalwahlen 1990 an die SPD verlorene Rathäuser zurückerobert und in den Großstädten München und Nürnberg die rot-grünen Koalitionen arg gerupft. Kohl gratulierte Waigel zu dem „großartigen Erfolg“, Hintze freute sich über das „bundesweite Signal gegen Rot-Grün“.

Bayerns SPD-Chefin Renate Schmidt blies ins gleiche Horn. Die SPD-Verluste, vor allem in den mittelfränkischen traditionellen Hochburgen, ließen Schmidt ebenfalls Rot-Grün eine Absage erteilen. Die SPD solle sich jetzt auf „ihre eigenen Kräfte besinnen, für große, breite Wählerschichten Politik machen und Nischen weniger wichtig nehmen“. SPD-Chef Oskar Lafontaine war in seiner Bewertung vorsichtiger. Er sprach lapidar von „sehr unterschiedlichen Ergebnissen für seine Partei“. In München meldet die Wahlbehörde seit Sonntag abend ständig schwankende Zahlen: Anfangs lag kurz die SPD vorne, wurde bald von der CSU überholt; gestern nachmittag dann – nach der Auszählung von 60 Prozent der Stimmzettel – lagen beide Parteien etwa gleichauf: die CSU bei 37,3 Prozent, die SPD bei 38,1 Prozent. Die Grünen kamen auf fast 10 Prozent.

Die CSU hat damit, verglichen mit der Wahl 1990, 7 Prozent gewonnen. Doch das regierende Regenbogenbündnis aus SPD, Bündnisgrünen und kleinen Ökogruppen hält seine Mehrheit im Münchner Rathaus wohl trotzdem: Mit der schwul-lesbischen Rosa Liste, der ÖDP und der Minipartei David gegen Goliath erreichten sie 53 Prozent. Gar eine reine rot-grüne Mehrheit schien möglich.

Die Zersplitterung des Parteienspektrums geht in München weiter. So werden im Stadtrat neben den „Regenbogenparteien“ und der CSU weitere vier Gruppierungen vertreten sein: FDP, „Republikaner“, die Automobile Steuerzahlerpartei und der rechtslastige Bund freier Bürger. Bei der extrem niedrigen Wahlbeteiligung von unter 50 Prozent genügen in der Millionenstadt München mangels Fünfprozenthürde die Kreuze von etwa 5.000 WählerInnen für einen Sitz im Stadtrat.

In Nürnberg schaffte die CSU die sehnsüchtig angestrebte historische Wende. SPD-Oberbürgermeister Peter Schönlein, seit neun Jahren im Amt, muß sich seinem CSU-Kontrahenten Ludwig Scholz in einer Stichwahl erneut stellen. Schönlein lag mit 44,5 Prozent nur 0,4 Prozent vor Scholz. Auch im Stadtrat, wo seit Kriegsende die Sozialdemokraten – in den letzten 14 Jahren zusammen mit den Grünen – die Mehrheit haben, schrammte die CSU nur knapp an einer absoluten Mehrheit vorbei. Die SPD verlor 8 Prozent, Bündnis 90/Die Grünen erhielten nur mehr 6,2 Prozent. SPD-Fraktionschef Jürgen Fischer signalisierte Bereitschaft zu einer Großen Koalition.

Auch in Regensburg, Kempten und Erlangen erlitt die SPD schwere Schlappen. Dort gewannen die CSU-OB-Kandidaten. Lediglich in Oberfranken, Ansbach, Passau und Schwabach setzte sich die SPD bei den OB-Wahlen durch. Bernd Siegler/Felix Berth Seiten 4, 10 und 11