Beim 1. Mai tut's immer weh

Rosa Luxemburg hat's schon geahnt. Der 1. Mai als „Tag der Arbeit“ – ein Kampftag, der zum Ritual erstarrt ist; so steht's bei Rosa nachzulesen. Auch beim DGB hat sich das inzwischen herumgesprochen. Der 1. Mai „hat ja auch was Antiquiertes“, weiß Manfred Weule zu sagen, seines Zeichens Kulturreferent des Bremer DGB-Kreises. Deshalb wollte er diesmal „gezielt junge Leute ansprechen, sich mit der 1. Mai-Frage auseinanderzusetzen“.

An der Hochschule für Künste fand er welche: 25 Studentinnen und Studenten nahmen Weules Frage auf und beteiligten sich an einem Plakatwettbewerb zum „Tag der Arbeit“. Das offizielle, bundesweit geklebte DGB-Plakat erschien den Bremer Gewerkschaftern nämlich schlicht zu bieder. Und schlampig gestaltet noch dazu.

Ab heute sind die Bremer Alternativen in einer kleinen Ausstellung im DGB-Haus zu sehen: Frische Ideen, geistreiche Wortspiele und unkonventionelle Motive sind dabei herausgekommen. Mancher verließ sich ganz auf die Macht der Worte und gestaltete reine Textplakate: „Einmal ist immer das 1. Mai“, Weiß auf Knallrot geschrieben, oder: „Beim 1. Mai tut's noch weh.“ Auf die übliche Helm-und-Blaumann-Ikonografie konnten einige zwar nicht verzichten.

Die Jury befand Originelleres für preiswürdig. Z.B. das riesig hochvergrößerte Kalenderblatt mit der roten „1“, darüber die handgeschriebene Notiz: „Ausschlafen! Auto waschen! Oma besuchen!“ Der erste Platz aber ging an Ingrid Klinger, die in ihrem Entwurf auch den Menschen ins Spiel brachte. Hunderte von Figürchen bevölkern ihr Plakat, eilig durcheinanderwuselnd; dort, wo sie sich zu einer großen Menge zusammentun, bilden sie gemeinsam die Ziffer Eins.

In 500er Auflage wird das Plakat nun gedruckt – der erste Wettbewerb, an dem die Studentin überhaupt teilgenommen hatte. Freude an der HfK, Freude auch beim Bremer DGB. Denn während das offizielle 1.-Mai-Plakat bei einer Dortmunder Werbeagentur teuer in Auftrag gegeben wurde, zahlt die Bremer Dependance 800 Mark an eine HfK-Studentin. Die 4000 Mark Gesamtkosten, inklusive Druck, teilt sich die Gewerkschaft außerdem mit der Arbeiterkammer.

Der DGB, sagt Weule, „hätte sich das zwar alleine leisten können“. Aber die Arbeiterkammer „macht doch auch Kulturarbeit“. Außerdem sei ja kein reines DGB-Plakat gefordert gewesen. Auch, wenn am Ende eines mit DGB-Logo den 1. Preis bekommen hat. tw

Plakatausstellung bis 30.4. im DGB-Haus, Bahnhofsplatz 22