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TuS Walle am Ende

■ Finanzamt fordert Steuern / Vorstand beschließt Abmeldung aus der Bundesliga

Heute entscheidet sich, ob es doch noch eine Zukunft für die Handball-Damen des TuS-Walle gibt. Finanzsenator Ulrich Nölle (CDU) prüft seit gestern, ob er über das Finanzamt anweisen kann, einen Erlaß von Bundesfinanzminister Theo Waigel bis zum Ende der Handballsaison im Juli auszusetzen. Klappt das nicht, wird der derzeitige Bundesliga-Spitzenreiter kein einziges Spiel mehr absolvieren.

Der Vorstand von TuS-Walle hat nämlich beschlossen, der vom Finanzamt geforderten Übernahme der Spielerinnen in ein Angestelltenverhältnis beim Verein auf keinen Fall zu entsprechen. Bislang erhalten die Spielerinnen ihr Gehalt als freie Mitarbeiterinnen der Sponsoren-Firma BSI. Dies ist nach dem Waigel-Erlaß nicht mehr zulässig.

Der TuS-Walle-Vorstand hatte seine Entscheidung getroffen, ohne zuvor den Vereinsmanager, den CDU-Bürgerschaftsabgeordneten Jens Eckhoff, zu konsultieren. „Ich habe das nur durch Zufall erfahren“, sagte Eckhoff gestern. Für die Suche nach Sponsoren für die Handball-Damen habe die Entscheidung bereits jetzt eine „katastrophale Wirkung“. Niemand sei bereit, Geld für einen Verein zu geben, der womöglich schon morgen gar nicht mehr in der Bundesliga vertreten ist.

Der sportliche Leiter von TuS-Walle, Hans-Herbert Ludolf, sieht die Schuld an dem Ärger mit dem Finanzamt jedoch bei der Vermarktungsgesellschaft BSI. Die habe schließlich die Verträge mit den Spielerinnen abgeschlossen und sei inzwischen schon zwei Monatsgehälter schuldig.

Wenn der Verein nun die Steuern und Sozialabgaben auf die Gehälter der Athletinnen zahlen müßte, wäre die Existenz des gesamten Vereins TuS Walle gefährdet, so Ludolf. Den Vorschlag der BSI, das Handball-Bundesliga-Team solle sich dem finanzkräftigen SV Werder anschließen, hält er für unrealistisch. Die Statuten des Deutschen Handball-Bundes (DHB) ließen nicht zu, daß nur die erste Frauenmannschaft wechsele. Möglich sei allenfalls eine Spielgemeinschaft der Handballabteilung mit dem SV Werder.

Doch auch beim Bremer Finanzamt sieht Ludolf eine Mitschuld an der mißlichen Lage. Als einziges Bundesland setze Bremen den Erlaß des Bundesfinanzministers schon ab dem 1. Januar durch. Alle anderen Länder würden erst ab Juli die Vereine als Arbeitgeber besteuern.

Die Probleme des TuS Walle mit seinen komplizierten Gehaltskonstruktionen kommen für die Konkurrenz nicht überraschend. „Das mußte ja so kommen“, so die erste Reaktion von Insidern. Die anderen Bundesliga-Clubs haben nach Angaben des Deutschen Handball-Bundes keine Probleme mit dem neuen Erlaß.

„Das ist kein Thema in der Liga“, so Willi Juchem, Vorsitzender des Ligaausschusses und Geschäftsführer der Handballabteilung von Bayer Leverkusen. „Wir versteuern unsere Gehälter schon seit Jahren, wie es sich gehört“. Es sei doch klar, daß bei Nettoverdiensten von mehr als 3.000 Mark monatlich, wie sie bei Walle üblich seien, Steuern bezahlt werden müßten. Es sei schon lange kein Geheimnis mehr, daß man die Bezahlung der Halbprofis nicht mehr so fahrlässig wie früher handhaben dürfe, heißt es beim DHB. Die Finanzämter würden die Clubs inzwischen regelmäßig unter die Lupe nehmen. Ase/jof

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