Drei Bergwerke für eine Mark

Bundesfinanzminister Theo Waigel möchte Saar- und Ruhrkohlenbergbau in einer Firma zusammenfassen. SPD-Chef Lafontaine ist dagegen  ■ Von H.-J. Tenhagen

Berlin (taz) – Oskar Lafontaine hat den Verkauf zur Chefsache erklärt. Der saarländische Ministerpräsident und SPD-Vorsitzende reagierte gestern deutlich verschnupft auf die Pläne, seine Saarbergwerke mit denen der Ruhrkohle zusammenzulegen. Das Land werde seine 26prozentige Sperrminorität beim größten Arbeitgeber an der Saar in jedem Falle behalten. „Es muß selbständige Saarbergwerke geben, hier an der Saar muß der Sitz dieses Unternehmens sein“, schimpfte der Ministerpräsident in einem Rundfunkinterview.

Empfohlen hatte die Zusammenlegung Roland Bergers Unternehmensberatung. Berger hatte zwei Bergbauexperten seines Münchener Büros mit der Aufgabe betraut, für Bundesfinanzminister Theo Waigel ein Gutachten zur Neuordnung des deutschen Steinkohlebergbaus zu erstellen. Tenor des Gutachtens: Die Zusammenlegung aller deutschen Bergwerke in einer Firma ist gut, weil billiger. Vor allem könne man Verwaltungskosten sparen – Synergieeffekte erzielen heißt das im Deutsch der Betriebswirte.

Waigel war im Gegensatz zu Lafontaine begeistert. Der Finanzminister will seine 74 Prozent Anteil an den Saarbergwerken (19.500 Beschäftigte) der größeren Ruhrkohle (100.000 Beschäftigte) am liebsten für eine symbolische Mark verhökern, teilte der Finanzminister mit. Die Zusammenlegung beider Unternehmen spare jährlich 40 Millionen Mark, sagt Waigel. Und die jährlich zehn Milliarden Mark an Kohlesubventionen könnten so wirksamer für die Beschäftigten eingesetzt werden. Heute wird mit dem Geld im wesentlichen der Preis der geförderten deutschen Steinkohle auf Weltmarktniveau heruntersubventioniert.

Bei der IG Bergbau sieht man die Berger-Empfehlungen mit gemischten Gefühlen. „Wir sind nicht prinzipiell gegen die Zusammenlegung“, sagte Gewerkschaftssprecher Christoph Mehr der taz. Zunächst aber müsse Klarheit über die langfristige Zukunft des deutschen Steinkohlebergbaus hergestellt werden – bis 2005 oder 2010. „Das Pferd sollte nicht von hinten aufgezäumt werden.“ Bislang sind die Zuschüsse für den Steinkohlebergbau nur bis 1998 fixiert und bis zum Jahr 2000 versprochen. Die Zukunft des Steinkohlebergbaus steht beim heutigen Treffen von IG Bergbau und Wirtschaftsministerium auf der Tagesordnung.

Sorge bereitet den Gewerkschaftlern vor allem der Versuch, die Belegschaften gegeneinander auszuspielen. „Wir werden alles daran setzen, daß die Belastungen gleichmäßig verteilt werden. Zwischen einzelnen Bergwerken und auch zwischen den Beschäftigten in der Verwaltung im Pütt“, sagt Mehr.

Damit greift die IG Bergbau auch die politischen Vorbehalte im Saarland und in Nordrhein-Westfalen auf. Die beiden Kohle-Länder sind besorgt, daß der Bund die Zusammenlegung nutzt, um seine Subventionen zu vermindern. Außerdem verliert vor allem das kleinere Saarland den politischen Zugriff auf die Bergwerke. Sie könnten in einer gemeinsamen Firma nicht länger im Rahmen einer Strukturpolitik gesteuert werden, sondern unterlägen nur noch dem Kürzungsdiktat der Ruhrkohlezentrale, befürchtet man in Saarbrücken.