Ein recht rasanter Pinguin

■ Schnittig und schnell: Mit ihrem Rennliegerad PINGU haben Studenten der Fachhochschule schon erste Erfolge erzielt Von Nele-Marie Brüdgam

Ein Rennliegerad muß weder wie ein Liegerad noch wie ein Rennrad aussehen – nur schnell sollte es sein. Das Gefährt zum Beispiel, das fünf Studenten des Fachbereichs Fahrzeugtechnik der Fachhochschule Hamburg konstruiert haben, sieht aus wie eine Raumkapsel aus einem Science-fiction-Film und – mit seiner schwarz-weißen Lackierung – ein bißchen auch wie ein Pinguin. Und es ist ganz schön fix.

Daß das kein Zufall ist, erklären Frank Lienhard (27) und Carsten Frahm (31): Im Herbst 1994 sah Lienhard einen Fernsehbericht über Pinguine. Der Berliner Wissenschaftler Rudolf Bannasch hatte herausgefunden, daß diese Vögel eine besonders strömungsgünstige Form haben, die es ihnen ermöglicht, ohne allzu großen Kraftaufwand Hunderte von Kilometern zu schwimmen. Auch der Versuch mit einem tiefgefrorenen Pinguin im Windkanal zeigte: Davon können sich Fahrzeugbauer einiges abgucken.

Der begeisterte Liegeradfahrer Frank Lienhard fackelte nicht lange, ließ sich die nötigen Pinguin-Daten aus Berlin schicken und gründete eine Projektgruppe, um im Rahmen einer Semesterarbeit das Rennliegerad PINGU zu entwerfen. „Hauptsächlich bauen die Studenten hier ja Autoteile“, erzählt Carsten Frahm, „und von der Fachbereichsleitung wurden wir zuerst ganz schön belächelt.“ Zum Glück erklärte sich der Lehrbeauftragte Hans-Dieter Stucke zur Projektbetreuung bereit. Ansonsten gab es an der Hochschule keine Unterstützung, „weder finanziell noch ideell“.

Statt dessen fanden die ungewöhnlichen Fahrzeugbauer Sponsoren in der Wirtschaft. Vor allem Sachspenden und die tatkräftige Unterstützung durch Auszubildende einer Kfz-Lehrwerkstatt sorgten dafür, daß PINGU entstehen konnte. „Eigentlich haben wir die Pinguin-Form nur so vergrößert, daß da ein Mensch hineinpaßt“, erklärt Lienhard. Um hohe Geschwindigkeiten zu erreichen, ist das Rennliegerad so klein, daß dieser Mensch höchstens 1,70 Meter groß sein darf. Und PINGUs Innenleben ist karg: eine unbequeme Sitzschale, der Lenker und ein Linear-Antrieb, bei dem der Fahrer nicht im Kreis, sondern vorwärts und rückwärts treten muß.

Trotz dieser scheinbar einfachen Beschaffenheit wurde das Rad erst einen Tag vor Lienhards Teilnahme an der Weltmeisterschaft für „Human Powered Vehicles“ (durch Muskelkraft betriebene Fahrzeuge) im vergangenen Sommer fertig. Im niederländischen Lylestad schaffte er beim 200-Meter-Sprint deshalb auch „nur“ 45 Stundenkilometer, der Gewinner fetzte mit immerhin 85 Stundenkilometern über die Strecke. Doch trotz zahlreicher Pannen – leichte Stürze und eine ständig abspringende Kette – hatte die versammelte Studenten- und Azubi-Mannschaft jede Menge Spaß.

Ein richtiger Erfolg war dann die PINGU-Präsentation auf der Frankfurter Automobil-Ausstellung und auf der Fachmesse für Metallbearbeitung, NORTEC, Anfang dieses Jahres in Hamburg. Neben dem originellen Fahrrad hätten die schnittigen automobilen Erfindungen ihrer Kommilitonen eher wenig Beachtung gefunden, berichtet Carsten Frahm. Das glaubt man ihm gern – zumal während unseres Gespräches auf dem Vorplatz der Fachhochschule immer wieder neugierige Passanten an PINGU herumschnuppern.

Trotz des Erfolges will Carsten Frahm nach Abschluß seines Studiums „doch eher in der Automobilindustrie“ arbeiten. Rennliegerad-Fan Frank Lienhard dagegen will noch lange an PINGU basteln, den Antrieb verbessern und das Ergebnis in einem Jahr als Diplomarbeit einreichen. Feste Pläne hat Lienhard aber auch schon für dieses Jahr: Er will an der Europameisterschaft in England teilnehmen. „Bis dahin“, sagt er, „müßte man eigentlich 90 Stundenkilometer schaffen. Das liegt im realistischen Rahmen.“