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: Erbauung auf katholisch

„Zölibat“, Sonntag, 17.30 Uhr, ARD

Die Jungs vom katholischen Kirchenfunk sind schon Seelchen. Da zeigen sie uns einen halbstündigen Report aus dem Wunderland des Zölibats und beginnen den Film mit Techno- Musik: „Love is all arround“. Dazu lassen sie einen 30jährigen Priester schwer vermummt durch einen verschneiten Wald schlittern. Der erzählte uns was von einer verheirateten Frau, mit der er ein Dideldum hat: und daß ihn jetzt die Sorgen plagen.

Wer nun ganz handelsüblich mutmaßte, daß der Ehemann dem Herrn Pfarrer die Reifen aufgestochen hat und Hochwürden darob Kummer hat, sah sich getäuscht. Die Rhetorik dieser Foto-Love-Story und damit die Sorgen des Priesters waren nämlich ganz andere. Schon erklang die nächste Musik: „I am going to run to you“. Schon brach die treulose Ehefrau kitzartig durchs Gehölz. Schon umfingen sich die beiden, die Feuchtkutte und die Schlampe. Und drückten einander, so sehr die Wintersachen es erlaubten.

Wer immer noch an den gehörnten Ehemann dachte, hatte nichts kapiert. Denn das Priester-Früchtchen wollte sich nur wegen seines Zölibats zerknirschen. So legte es denn seinen einen, katholischen Gewissensbiß „vor Jesus“ hin und ließ sich tüchtig begnadigen. „Die Sehnsucht nach dem Unendlichen kann nur einer stillen: Gott“, sprach er dann zu sich und seiner Liebsten. Und stiefelte – zu den sanften Klängen eines Santa-Maria-Chansons – seelisch erbaut und ganz alleine weiter.

Da standen wir schön dumm rum, die Ehefrau mit ihrem Liebeskummer und wir eifersüchtigen Ehemänner mit unseren enterbten sieben Kindern. So grausam kann der katholische Erbauungs-Film sein. Da halfen uns auch zwei weitere Zölibatsschicksale nur wenig: ein Priester, der sich in seine evangelische Kollegin verliebt und sie heiratet; und eine muntere, junge Frau, die ihrem Herzen folgt und Nonne wird. Na und?

Die Didaktik des Films stand und fiel mit dem jungen Priester, der den Talar mit Drachenblut verwechselt. Unberührt zieht der jetzt seiner Wege, Drosseln, Finken und Nachtigallen hinterher. Und wir sitzen in der Hölle und müssen unsere Frauen vor ihm bewachen, ihre verletzten Seelen heilen und seine enterbten Kinder durchfüttern. Bloß weil Herr Hochwürden mal das Unendliche und mal die Frauen liebt. Man sollte sie alle kastrieren. Sicher ist sicher. Marcus Hertneck