Bau auf, Zweites Deutsches Fernsehen

Am Zollernhof Unter den Linden beginnen die Umbau- und Abrißarbeiten. Das ZDF und Veba wollen dort ihre Hauptstadt-Dependancen errichten. Erhalten bleibt nur das Vorderhaus  ■ Von Uwe Rada

Berlin wird bald um ein historisches Gebäude ärmer sein. Wenn noch in diesem Monat die Bauarbeiten am Zollernhof Unter den Linden beginnen, bleibt von dem 1910/11 von Kurt Berndt errichteten Kontorhaus nur das Vorderhaus Unter den Linden 36-38 erhalten. Die Seitenflügel und das rückwärtig gelegene Gebäude an der Mittelstraße werden abgerissen. Hier soll laut den gemeinsamen Bauherren, dem ZDF und dem Düsseldorfer Veba-Konzern, die Fassade „unter Anlehung an historische Formen neu aufgebaut“ werden.

Das ZDF will nach der dreijährigen Umbau- und Neubauphase an diesem „hervorragenden Standort“ sein Hauptstadtstudio einrichten und wesentliche Bestandteile der Programmstruktur wie das Morgenmagazin oder das Kulturmagazin Aspekte in Berlin produzieren. Der Veba-Konzern, zu dem unter anderem die Stinnes-Baumärkte und die Aral gehören, will Unter den Linden seine Berliner Repräsentanz errichten. Insgesamt 32.000 Quadratmeter Bruttogeschoßfläche werden in vier unterirdischen und sieben oberirdischen Geschossen in den und aus dem Boden gestampft. Der Innenhof soll dabei zugänglich und die Arbeit des ZDF transparent gemacht werden. Nach dem Ende der 300 Millionen Mark teuren Bauarbeiten 1999 sollen einmal 450 Menschen im Zollernhof arbeiten.

Daß die moderne Nutzung des 4.000 Quadratmeter großen Geländes, auf dem zu DDR-Zeiten der FDJ-Zentralrat seinen Sitz hatte, mit der historischen Bebauung nicht zu vereinbaren sei, darauf haben die Investoren von Beginn an hingewiesen. Der zwangsläufige Streit mit dem Denkmalschutz, der sich über Jahre hinzog, endete, wie es der damalige Stadtentwicklungssenator Volker Hassemer nannte, mit einer „Güterabwägung“. Im Klartext: Der Denkmalschutz wurde, trotz heftiger Kritik der bezirklichen Denkmalpflege und der damaligen Baustadträtin Dorothee Dubrau, zugunsten der Nutzungsinteressen der Investoren ausgehöhlt. In der Lesart von ZDF-Intendant Dieter Stolte heißt dies, man habe sich nach „umfangreichen Abstimmungen“ mit der Denkmalpflege geeinigt.

Zwar räumte auch Stolte gestern einen Zielkonflikt zwischen der historischen Bausubstanz und der modernen Gebäudenutzung ein. Doch das kann nicht darüber hinwegtäuschen, daß das ZDF sein gerne erwähntes Engagement für den Denkmalschutz und den Erhalt des kulturellen Erbes vor allem in den ostdeutschen Städten zumindest in Berlin konterkariert. Wie sorglos das Verhältnis zur historischen Bausubstanz mitunter sein kann, demonstrierte gestern Veba-Chef Ulrich Hartmann. Er entblödete sich nicht zu bedauern, daß „40 Jahre FDJ leider nicht spurlos an dem Gebäude vorbeigegangen“ seien.