Eiertanz um Menschenrechte in China

Bundesregierung traut sich nicht, offen gegen Menschenrechtsverletzungen in China zu protestieren. Deutscher Delegationsleiter in Genf ist jedoch für eine Resolution gegen China  ■ Von Anita Kugler

Die Bundesregierung ist sich offensichtlich uneinig, ob sie bei der am Montag begonnenen und noch bis zum 25. April laufenden Jahressitzung der UN-Menschenrechtskommission in Genf eine Verurteilung Chinas anstreben soll oder nicht.

Der deutsche Delegationsleiter, Gerhart Baum (FDP), beurteilte in einem Interview mit der in Hannover erscheinenden Neuen Presse die Lage der Menschenrechte in China als „unverändert negativ“. Er hält eine Resolution für „unvermeidlich“, sollte die Volksrepublik keine „substanziellen Maßnahmen zur Verbesserung der Lage treffen“. Das Bundeskanzleramt hält sich jedoch bedeckt. In der Neuen Presse wird Andreas Fritzenkötter, ein enger Mitarbeiter von Helmut Kohl, mit den Worten zitiert: „Die offizielle Linie ist, daß wir mit den EU-Partnern die Entwicklung in China bebachten.“ Auf dieser Grundlage werde über das weitere Vorgehen entschieden.

Die abwartende Haltung des Bundeskanzleramtes widerspricht allerdings den eindeutigen Aussagen, die der Leiter des Arbeitsstabs Menschenrechte des Auswärtigen Amtes (AA), Gerz, bei einer nichtöffentlichen Sitzung des Unterausschusses für Menschenrechte und humanitäre Hilfe bei der Bundesregierung am 13. März gemacht haben soll. Demnach hat Gerz sich bei dieser – Genf vorbereitenden Sitzung – für eine Verurteilung Chinas ausgesprochen.

Das AA, unter dessen Führung die deutsche Delegation in Genf agiert, bestätigte diese Aussage nicht. Laut einer Sprecherin sei die „Meinungsbildung“ noch nicht abgeschlossen. Sie verwies auf die Tagung der EU-Außenminister nächsten Montag in Brüssel, auf der „Gelegenheit bestehen wird, die Abstimmung unter den EU- Partnern fortzusetzen“.

Unzweideutig gestützt wird die Haltung Gerhart Baums gegenüber China hingegen von dem außenpolitischen Referenten der FDP-Fraktion in Bonn, Hans Dieter Heumann, und vom zuständigen Abgeordneten der SPD-Fraktion im Unterausschuß Menschenrechte, Rudolf Bindig. Heumann sagte gegenüber der taz, daß er „keinen Grund erkennen kann, von Baums Position abzuweichen“. Und Bindig erklärte: „Ich hoffe, daß die Bundesregierung die Kraft aufbringt, China nicht nur zum Gegenstand der Beratungen zu machen, sondern auch, daß sie aktiv darauf hinwirkt, daß die Gruppe der europäischen Länder eine Resolution gegen die Menschenrechtsverletzungen in China verabschiedet.“ Das Land sei einer der Hauptmenschenrechtsverletzer der Welt, und eine „deutliche und klare Sprache ist mehr als überfällig“.