dung tschicki

■ Hilde Kappes kiekst wieder in der Stadt/ Heute und morgen im Moments

Über Hilde Kappes' „musica ab'Surdo“ kann man nicht schreiben. Außer man begibt sich in die Wiedergabe von „unasikida, jelijaglyglei, unschdni wunschdni“ und läßt sich vorhalten, man habe nichts verstanden. Richtig. Hilde Kappes spricht ja schortuanisch. Und damit malt sie eine Lautpoesie, bei der ein Ernst Jandl längst abwinkt (vermuten wir mal). Doch bei ihr ist es sowieso ganz anders: Hilde Kappes singt, bzw. sang am Mittwoch im „Moments“.

Was auch wieder nur teilweise stimmt. Sie sagt, „ich mache Stimmen und Stimmungen, Klänge, Geräusche, schreie, kiekse, lache eklig, dreckig, schön, weine und schluchze“. Wir ergänzen: sie blökt, hickst, kleckert, drosselt und rülpst. Und sie singt darüberhinaus tatsächlich. Wie eine Diva. Sie singt, wie es ihr gefällt. Rührt ihre „musica ab'Surdo“ mit divergierenden Melodien und Rhythmen an und kocht sie dann ad absurdum.

Hilde Kappes ist auf dem besten Weg, ein Vokalstar zu werden, was sie selbst gar nicht so richtig merke, wie sie sagt. Lange wurde die in Wien ausgebildete Musikerin nur unter den alternativen Frauenmusikfestivals in Berlin, Zürich oder München herumgereicht. Jetzt schreiben „große Zeitungen große Artikel“ über sie. Endlich ist Kappes aus ihrem Kämmerlein raus.

Von dort mitgebracht hat sie das Schortuanische – eine zusammenphantasierte Mischung aus Jiddisch, Italienisch, Pan-Europäisch, kaum Deutsch – darüberhinaus Professionalität am Flügel und auf der großen Landsknechtstrommel. Ihr zwei Meter langes, wie ein Alphorn gekrümmtes Plastikrohr, stellt sie mit „Abfluß“ und „Baustelle“ vor. Dieses monströse Krummhorn ergänzt sich wunderbar mit Hilde Kappes' Kehlkopf. Sie röhrt mit ihm um die Wette wie kurz nach oder vor der Polypen-Operation. Ein altägyptischer Tempeltanz ist das Ergebnis, jedenfalls ein durchaus vorstellbares. Doch es endete soweiso in Krampf, versuchte man, diese Ober-, Unter-, Übertönen wirklich zu verstehen.

Sie macht es ebenfalls nicht. „Bin i wos oder bin i nix“, spricht Hilde Kappes ins Echogerät und schiebt darüber „I was es net, mei Baba wases net“, der Rest der Familie ebensowenig, wie wir erfahren. Wir erfahren bei ihr außerdem so einiges über den wahren „Blues in F“ und das Mittelalter, und daß sich erwachsene Menschen allen Ernstes zum choralen „dung tschicki“ hinreißen lassen. Hilde Kappes improvisiert dazu spontan: „Baby light my fire. Hey.“ Klamauk ist ihre Sache jedoch nicht. sip

Weitere Konzerte: Heute und morgen, 20 Uhr, im „Moments“