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Guatemala auf dem Weg zum Frieden

■ Erstmals haben sich Regierung und Guerilla in Guatemala auf einen unbefristeten Waffenstillstand geeinigt. Nächste Woche gehen die Friedensgespräche weiter. Die EU ist glücklich und verspricht Geld

Berlin (taz) – Nur wenige Stunden nachdem die Guerilla URNG („Revolutionäre Nationale Einheit Guatemalas“) am Mittwoch einen unbefristeten Waffenstillstand erklärte, verkündete auch der frischgewählte konservative Staatspräsident Alvaro Arzú, die Regierung stelle auf unbestimmte Zeit die Militäroperationen gegen die Guerilla ein. Es ist der erste unbefristete Waffenstillstand in Guatemala seit Beginn des Bürgerkrieges vor 35 Jahren, in dem 100.000 Menschen umgekommen und 40.000 „verschwunden“ sind.

Damit stehen die Chancen günstig, bei der Fortsetzung der Friedensgespräche zwischen Regierung und Guerilla in Mexiko in der kommenden Woche den Durchbruch zu einem endgültigen Friedensabkommen zu erreichen. Schon bevor er die Stichwahl am 7.Januar gewonnen hatte, hatte Arzú Geheimgespräche mit Vertretern der Guerilla aufgenommen. Fünfmal haben sich beide Parteien seither getroffen – jedesmal soll der Präsident selbst dabeigewesen sein. So konnte der Chefunterhändler der Regierung, Gustavo Porras, schon nach dem ersten offiziellen Treffen Ende Februar erklären, es bestehe „vielleicht zum ersten Mal während des gesamten Friedensprozesses eine echte Chance auf Übereinkunft“.

Die Ernennung Porras' zum Chef der Regierungsdelegation war schon ein Zeichen der Annäherung. Hatte doch Porras selbst, wie er auf einer Pressekonferenz Ende Februar zugab, bis Anfang der achtziger Jahre mit der Guerilla in Verbindung gestanden.

Einen Termin für den Abschluß eines Friedensabkommens gibt es noch nicht. Sicher ist, daß die Regierung auch deshalb an einer schnellen Lösung interessiert ist, weil die Geberstaaten internationale Finanzhilfe zunehmend von Fortschritten beim Friedensprozeß abhängig machen. So signalisierte die EU-Kommission gestern, sie wolle den Friedensprozeß in Guatemala in den nächsten drei Jahren mit einem großangelegten Programm unterstützen. Die EU-Außenminister, die sich seit gestern in Florenz zu einer der regelmäßigen „San-José-Konferenzen“ mit ihren zentralamerikanischen Amtskollegen treffen, begrüßten den Waffenstillstand einhellig.

Unklar ist, ob auch die traditionell reaktionären Kreise der guatemaltekischen Gesellschaft den Friedensprozeß mittragen. Insbesondere die Loyalität der Militärs, die in der Vergangenheit stets die Zügel der Politik in der Hand behalten hatten, wird sich erst beweisen müssen, auch wenn Armeesprecher Guillermo Caal schon Ende Februar erklärte, die Streitkräfte würden jede Entscheidung des Präsidenten unterstützen, die dem Frieden und der nationalen Versöhung diene.

Der mächtige Unternehmerverband CACIF ließ Anfang März verlauten, er habe noch keine Position zu den Friedensverhandlungen – es werde allerdings die Möglichkeit analysiert, daß bei den Unterredungen „für die Unternehmer schädliche Themen“ behandelt würden. Ein klarer Hinweis darauf, daß es der Guerilla kaum gelingen wird, etwa in Fragen der Landreform große Fortschritte zu erzielen. pkt

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