piwik no script img

■ Zur PersonBlitzkarriere bei der SPD

Bei SPD-Parteitagen sind Blitzkarrieren möglich. So wie am Donnerstag in der miefigen BSAG-Kantine: Erste Konferenz der vereinigten SPD-Unterbezirke Ost und West. Ein junger Mann hat ein paar Abrechnungen studiert und Unregelmäßigkeiten gefunden. Er tritt mit seinen Bedenken ans Mikro, fügt noch ein paar kritische Worte zur SPD-Politik an – und wird prompt in den Vorstand des nun größten Unterbezirks Bremen-Stadt gewählt. Der Waller Juso Lars Stegenwaller kann es kaum glauben.

Mit zehn Stimmen Vorsprung setzte sich der 32jährige Spontankandidat gegen die ehemalige Kassiererin des Bezirks Ost, Karin Markus, durch. Da geriet die unangefochtene Wahl des Richters Wolfgang Grotheer zum Chef der 5700 Stadt-Genossen ebenso zur Nebensache wie Bürgermeister Scherfs Werbung für die Große Koalition.

Dabei hatte alles ganz unscheinbar begonnen. Aussprache über die Rechenschaftsberichte der Kassierer. Die Versammlung döst vor sich hin. Da ergreift Stegenwaller das Wort: Im Osten fehlten 15.000 Mark.

Kassierer Jürgen Janke kann die Konfusion nicht sogleich aufklären. Die Genossen beschließen, die Entlastung der Kassenwarte zu vertagen. Als nach Grotheer und seinem Stellvertreter Manfred Oppermann der Kassierer zur Wahl steht, schlägt Alt-Genosse Waldemar Klischies den vorwitzigen Juso vor. Er solle doch selbst mal Verantwortung übernehmen, mußte sich der junge Ökonom in der letzten Reihe von Klischies anhören: Peinlich sei es für die Partei, eine solche Kassen-Unregelmäßigkeit in aller Öffentlichkeit auszubreiten.

Eine knappe Mehrheit der Delegierten hatte offenbar etwas übrig für Glasnost in der Partei. Wer weiß, ob alles so gekommen wäre, wenn Ex-Kassierer Janke nicht erst am späten Abend den Irrtum in seiner Kassenführung hätte aufklären können. jof

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen