Verführerisch

■ Morgen im Theater am Leibnizplatz: Jazz-Abenteuer mit Maria João

Diesmal nennen sie ihr Programm „Dancas“, beim letzten Auftritt in Bremen vor anderthalb Jahren spielten sie „Songs from Portugal“. Titel, die eher Assoziationen an beschauliche Urlaubsreisen wecken – aber die Konzerte der Sängerin Maria João und des Pianisten Mario Laginha bieten immer viel aufregendere Erlebnisse.

Die Ursprünge ihrer Musik liegen sicher im portugiesischen Fado. Darüber hinaus schweben die beiden bei jedem Lied oder Tanz schon nach wenigen Takten frei über den Melodien, ganz in schönster Jazztradition. João inszeniert die meisten ihrer Stücke wie Hörspiele, und diese bevölkert sie mit den verschiendensten Charakteren: ein kleines Mädchen, ein schimpfender Mann, ein verführerischer Vamp oder ein versoffener Kneipengänger – all diese Figuren und noch viel mehr erweckt die Sängerin nur mit ihrer Stimme. Nicht einmal mit Worten: Meistens singt sie nur einzelne Silben und Vokale.

Dabei sorgt João für immer neue Überraschungen. Bei ihrem letzten Konzert in Bremen gab es eine rhythmisch hochkomplizierte Solopassage, bei der sie nur ein- und ausatmete. Wohl keiner der begeisterten ZuhörerInnen hatte schon einmal solch ein musikalisches Naseschnauben gehört.

Bei diesen theatralischen Virtuositäten wird aber nie die Musik von den vokalistischen special effects in den Hintergrund gedrückt. Zusammen mit Mario Laginha hält Maria João immer eine subtile Balance zwischen der verblüffenden Technik sowie den rhythmischen und melodischen Finesse der Kompositionen. Bei aller Abenteuerlust spielen die beiden auch immer ganz präzise miteinander, eher als gleichwertige Partner, denn in der traditionellen Rollenverteilung einer Sängerin und ihrem Begleiter am Piano.

Anders als bei João kann man bei Laginha schnell die musikalischen Vorbilder heraushören. Keith Jarrett ist eindeutig sein Held. Entsprechend läßt er (leider) manchmal den Flügel so pathetisch donnern wie jener in seinen schlimmsten Solokonzerten. Zum Glück hat Laginha aber auch vieles von Bill Evans und Chick Corea gelernt, und deshalb klingt er meist phantasievoll und freundlich. Willy Taub

358. Dacapo-Konzert, morgen um 20 Uhr, Theater am Leibnizplatz