■ Was die Neugliederung des slowakischen Staates bezweckt:
: Ein Volk, ein Staat, ein Führer!

„Die demokratische Reife eines Landes“, so kürzlich der tschechische Politiker und Philosoph Jaroslav Sabata, „bemißt sich daran, wie es mit dem schwächeren Partner umspringt. Das gilt für Deutschland gegenüber Tschechien, für Tschechien gegenüber der Slowakei und für die Slowakei gegenüber der ungarischen Minderheit im eigenen Land.“ Legte man diese Elle an, so sähen alle „Starken“ blaß aus. Aber „vordemokratisch“ wäre das mildeste Attribut, das der Regierung Vladimir Meciars in der Slowakei zukäme.

Das von der rechten Koalitionsmehrheit Ende letzter Woche im Parlament von Bratislava angenommene Gesetz zur territorialen Neugliederung der Slowakei verfolgt das einzige Ziel, die ungarische Minderheit in jedem der acht neuen Verwaltungsbezirke unter die Zwanzigprozentmarge zu drücken, ab der ihr laut Gesetz von 1990 kulturelle und soziale Minderheitenrechte zustehen. Schon 1993 hatte es einen Versuch in dieser Richtung gegeben, auf den Teile der ungarischen Minderheit mit der Forderung nach voller territorialer Autonomie antworteten. Der Weg zu einer erneuten Konfrontation nicht nur zwischen der Minderheit und der Regierung Meciar, sondern auch zwischen der Slowakei und Ungarn sind damit vorgezeichnet.

Dabei hatten die Slowakei und Ungarn im März letzten Jahres einen Vertrag über gute Nachbarschaft abgeschlossen, der die Rechtsstellung der Minderheiten nach dem Vorbild der Empfehlung 1.201 des Europarats regelte. Danach stünde der jeweiligen Minderheit das Recht auf einen „speziellen Status“ zu, was die Bildung autonomer Institutionen einschließt. Insbesondere soll die Minderheit eigene Schulen und Ausbildungszentren unterhalten dürfen. Dieser Vertrag wurde vom slowakischen Parlament nie ratifiziert. Im Gegenteil: Im Laufe des letzten Jahres maßte sich das slowakische Unterrichtsministerium des Recht an, über die Entlassung von Lehrern und über die Lehrpläne ungarischer Schulen zu entscheiden. Im letzten Dezember erging dann ein Sprachgesetz, das unabhängig von der Stärke der Minderheit Slowakisch als Amtsprache zwingend vorschreibt.

Am letzten Wochenende, zeitgleich mit dem Gesetz über die Neugliederung der Slowakei, erklärte Ministerpräsident Meciar in Wien, der Nachbarschaftsvertrag werde jetzt ratifiziert werden. Kein Problem. Nach den Worten des slowakischen Nationalistenführers Slota ist er eh nur „ein Stück Papier, das irgend jemand unterzeichnet hat“. Christian Semler