Überfall auf Newroz-Beobachter

■ Deutsche Delegation in der Türkei von Rechtsextremen mit Knüppeln überfallen. Zivilpolizisten griffen nicht ein

Berlin (taz) – Im kurdischen Elazig im Osten der Türkei ist am Samstag nachmittag eine deutsche Menschenrechtsdelegation von Anhängern der rechtsradikalen Partei MHP, in Deutschland als Graue Wölfe bekannt, überfallen worden. Die siebenköpfige Delegation aus Niedersachsen und Sachsen-Anhalt, die sich zur Beobachtung der Newroz-Feiern in der Stadt aufhielt, wurde nach eigenen Angaben, im Anschluß an einen Besuch bei einem alevitischen Verein mit Knüppeln und Eisenstangen angegriffen. Von den Zivilpolizisten, die die Gruppe sonst ständig bewachten, war zu dem Zeitpunkt keine Spur zu sehen. Teilnehmer der Delegation gehen deshalb von einem abgekarteten Spiel aus. Schließlich wurden die Angreifer von Polizisten vertrieben, ohne daß es zu Festnahmen kam. Bei dem Überfall wurden sechs Menschenrechtler verletzt, drei mußten im Krankenhaus behandelt werden. Der Dolmetscher der Gruppe erlitt eine starke Schädelprellung, drei Kopfplatzwunden mußten genäht werden. Eine Teilnehmerin hat Verletzungen im Gesicht, drei weitere haben schwere Prellungen. Eine Frau steht unter Schock.

Nach dem Vorfall wurde die Delegation in ihrem Hotel von der Außenwelt isoliert. Selbst Angehörigen verweigerte die Polizei den Kontakt. Statt dessen wurden sie in der Nacht fünf bis sechs Stunden lang verhört. Dabei seien sie von Polizisten massiv bedroht und als Terroristen beschimpft worden, berichtete die Frankfurter Newroz-Koordinationsstelle. Einigen Teilnehmern drohte die Polizei mit Haft, weil sie jede Aussage verweigerten. Zur Begründung sagten die Beobachter, sie gingen davon aus, daß die Polizisten mit den rechtsradikalen Schlägern zusammenarbeite. Ein Teilnehmer saß kurzzeitig in einer Arrestzelle.

Elazig, nordwestlich von Diyabakir gilt als Hochburg der türkischen MHP. „Übergriffe von Anhängern dieser Partei auf kurdische Oppositionelle und Aleviten sind an der Tagesordnung“, teilte das Frankfurter Koordinationsbüro mit. Auch seien Kontakte nach Elazig in dieser Situation kaum möglich.

Die Delegation, der auch ein Vertreter der Jusos aus Sachsen- Anhalt angehört, hat mehrere kurdische Städte bereist und dort an Newroz-Feiern teilgenommen. Überall seien sie auf starke Militärkräfte gestoßen. Inzwischen gibt es wieder Kontakt zur Gruppe. In Frankfurt erwartet man heute oder morgen ihre Rückkehr. Wolfgang Pomrehn