Ruuudi und Bruuuno

■ Ovationen für zwei Volkshelden bei Werders 2:1 gegen Leverkusen

Bremen (taz) – Das wär's gewesen: Der Leverkusener Torwart Dirk Heinen schlägt den Ball bis über die Mittellinie, Ulf Kirsten köpfelt zu IHM, und ER guckt, sieht den Bremer Torwart weit vor der Linie, löffelt über vierzig, fünfzig Meter, und wenn Oliver Reck nicht im Rückwärtsfliegen noch die Fingerspitzen drangehabt hätte, ER wäre der Held des Nachmittags gewesen. So was hat das in Sachen Sensationen nicht gerade verwöhnte Bremer Publikum seit Manni Burgsmüller nicht mehr gesehen. War aber nicht. Pech für den Größten, Pech für Ruuudi.

Das ist's gewesen: Elf Minuten vor Schluß fummelt sich Bernd Hobsch am rechten Flügel durch, flankt, dann kommt der Ball zu IHM, und ER köpft ins linke obere Eck. Glück für den neuen, den vorläufigen Nachfolger auf dem Bremer Heldenplatz. Glück für Bruuuno. Es war der Nachmittag der Volkshelden, des alten und des neuen, ein Nachmittag der hingeseufzten Weißtdunochs und der freudigen Juchzer, daß da plötzlich wieder einer ist, der es richten könnte.

Bremen gewinnt 2:1 gegen Leverkusen. Beide Werder-Tore von Bruno Labbadia, und Leverkusen mit einem Rudi Völler, der immer noch die alte Klasse hat, wenn er denn mal angespielt wird: Ein Übersteiger, noch einer, kreuzt quer zum Strafraum und reißt Löcher in die gegnerische Abwehr – mit Wehmut denken die Bremer an bessere Zeiten. Wann passiert das schon mal in der Liga, daß einer aus der gegnerischen Mannschaft vor dem Spiel mit Ovationen und Sprechchören im Stadion begrüßt wird: „Ruuudi, Ruuudi.“

Daß einer aus der eigenen Mannschaft nach dem Spiel mit Ovationen und Sprechchören bedacht wird, das kommt schon häufiger vor. Aber wie dringend hatte das gebeutelte Bremen einen Volkshelden nötig, und wie dankbar war es, endlich einen gefunden zu haben: Bruuuno, Bruuuno, der fleischgewordene Wochenend- Trost in einer Stadt, die nichts nötiger hat als Trost. Die Sorgenfalten sind erst mal weg. „Wir haben zum ersten Mal so gespielt, wie ich die Bremer in den letzten Jahren gesehen habe“, sagte Labbadia danach.

Das Land ist hoffnungslos verschuldet, die Werften gehen Pleite, eine komplette Stadt in der Abstiegszone – aber bis Montag sind wir gerettet, Werder hat mal wieder gewonnen. Jochen Grabler

Bayer Leverkusen: Heinen - Lupescu - Wörns (34. Lehnhoff), Fach - Ramelow, Rodrigo, Reyna (80. Feldhoff), Neuendorf (76. Rietpietsch), Münch - Völler, Kirsten

Zuschauer: 26.264; Tore: 1:0 Labbadia (3.), 1:1 Neuendorf (56.). 2:1 Labbadia (79.)

Werder Bremen: Reck - Wolter - Ramzy, Baiano - Scholz, Basler (90. Wiedener), Votava, Eilts, Bode (84. Schulz) - Labbadia, Bestschastnich (60. Hobsch)