"Serve and Volley", total verschwitzt

■ Keine Chance auf einen Grand-Slam-Titel im TV-Zirkus: "Bei Aufschlag Mord" (20.00 Uhr, Sat.1)

Natürlich trainiert die junge Tennisspielerin Simone schon im Vorspann bis zum Umfallen. Und natürlich reicht das ihrer Trainerin immer noch nicht. „Du mußt rüber über den toten Punkt“, blafft sie ihren Schützling an, „du willst doch die Nummer eins werden, oder?“ Natürlich will Simone – und natürlich stemmt sie die Hanteln dann tapfer noch einmal.

Schon der Titel der Sat.1-Produktion „Bei Aufschlag Mord“ will uns suggerieren, was der Pressetext (für die ganz Unkundigen) dann sicherheitshalber noch einmal ausspricht: „Denkt man an Steffi Graf, Monica Seles oder Mary Pierce“, heißt es da, „weiß jeder, daß sich die Welt des Profi- tennis auch im wahren Leben oft wie ein Krimi liest: geistig gestörte Fans, gewalttätige Väter, Morddrohungen: ein gefährliches Leben.“

Und – wer hätte das gedacht? – sie alle tauchen prompt in der Reihenfolge ihrer Nennung auf: Der geistig arg gestörte Fan Rudi terrorisiert die junge Simone (ATP- Weltranglistenplatz 9) – wie weiland Monica Seles – erst mit unsittlichen Telefonanrufen und schließlich mit einer zudringlichen Liebeswerbung. Der gewalttätige Onkel Artur („Was habe ich nicht alles in dich investiert!“) schätzt es gar nicht, daß sich Simone – wie weiland Mary Pierce – nicht mehr von ihm managen lassen will und ihm deshalb beim Berliner Turnier am Hundekehlesee Platzverbot erteilt; und als Simone schließlich entführt wird, fragen wir uns also, welches Ereignis aus dem ATP- Damenzirkus wir da wohl übersehen haben ...

Sei es, wie es sei. Jedenfalls ist das ein Fall für den lonely Cowboy Marcus Bott (Hans Cypionka). Natürlich hat der Exbulle und Bodyguard einen verwegenen Pferdeschwanz, und natürlich wohnt er in einem malerischen Hausboot. Und natürlich wird er sich in seinen Schützling verlieben, was seinem Auftrag dann – natürlich! – eher abträglich, denn förderlich ist.

Ist die Kleine auf der Hälfte des TV-Matches glücklich entführt und hat also vorrübergehend spielfrei, liegt eine ansehnliche Anzahl veritabler Verdächtiger vor. Denn da gibt es auch noch den jungen Autonomen Torsten, der Simone noch von der Schulbank her kennt, und der Meinung ist, mit dem Tennis verdientes Geld schände eben doch. Und der Bruder der Trainerin ist ein derart unglücklicher Spieler, daß auch ihm die Erpressung des Lösegelds gut zu Gesicht stünde. Leider wissen wir schon nach einem kurzen Blick in die Programmzeitschrift, daß sie es letztlich alle nicht gewesen sein können – für einen raschen Zwei- Satz-Sieg ist der 120-Min.-Krimi einfach zu lang.

Es wäre zu einfach, „Bei Aufschlag Mord“ allein damit zu kritisieren, daß hier ja gar kein Mord geschieht, sondern nur holzschnittartig mit diversen Tennisgeschichtchen kokettiert wird. Das alles könnte – trotz allem – ganz launig sein, hätte sich Regisseur Bernhard Stephan wenigstens Mühe gegeben, das Spiel professionell zu inszenieren. Aber zu den hölzernen Dialogen („Sie wissen doch, Herr Bott, was mit Monica Seles passiert ist ...“) gesellen sich dann auch noch diverse unforced errors: Die VIP-Lounge ist offensichtlich eine schlecht gemalte Studiokulisse, die autonomen Demonstranten sind allesamt derart bildschöne Statisten, daß sie eher in die RTL- Soap „Gute Zeiten“ passen als in einen Kreuzberger Hinterhof, und Hauptdarstellerin Katja Studt (Max-Ophüls-Preis für „Tödliche Maria“) muß permanent schwitzend eine beidhändige Rückhand vortäuschen, statt ihr schauspielerisches Talent zu demonstrieren. Sie wirkt dabei so unterfordert wie Steffi Graf bei einem Match gegen die Nummer 9 der Weltrangliste.

Selbst Diether Krebs als Ekel- Onkel Artur kann ihr da als Trainingspartner nicht helfen. Ständig akompagniert von seinem bärbeißigen Masseur (dem das Böse überdeutlich ins Gesicht geschminkt wurde), muß er die geldgeile Antipode zum armen Tenniskind versinnbildlichen – fehlte nur noch, daß man ihm einen Ion-Tiriac-Bart anklebte.

„Du willst doch Nummer eins werden!“ möchte man da Sat.1- Programmchef Fred Kogel zurufen. Dann aber endlich rüber über den toten Punkt. Klaudia Brunst