■ Der Rinderwahn muß für britische Regierung teuer werden
: Am verkehrten Ende gespart

Der Agrarministerrat läßt die britische Regierung nicht im Regen stehen. Kommissar Fischler redet uns ins Gewissen, angesichts der großen Probleme, die der Rinderwahn ausgelöst hat, als Europäer solidarisch zu sein. Es wird nicht viel anderes übrigbleiben.

Aber mit einem schlichten Solidarpakt, etwa: „Kill the mad cow – now“, tun Europas Steuerzahler weder den britischen Bauern noch sich selbst einen Gefallen. Die hirnkranken Kühe müssen für die wirklich Verantwortlichen so teuer werden, daß die Rechnung der kontinuierlichen Entwertung von Lebensmitteln nicht mehr aufgeht. Es muß ein für allemal klar werden, daß es am Ende nicht billiger ist, Rinder mit Pulver aus Schafskadavern zu füttern, statt sie Gras fressen zu lassen.

Die EU spart – seit Jahren am verkehrten Ende. Die drastische Senkung der Agrarpreise hat eine bäuerliche, regional angebundene und ökologisch verträgliche Erzeugung von Lebensmitteln an den Rand gedrängt. EU-Fördermittel haben die Rationalisierung der Landwirtschaft weit über die soziale und ökologische Tragfähigkeit hinaus in die Industrialisierung getrieben. Herausgekommen sind Agrarfabriken, die wegen des hohen Krankheitsdrucks auf Antibiotika im Tierfutter nicht mehr verzichten können; Pohlmänner, die konsequent Tierquälerei betreiben und skrupellos Nikotineier vermarkten; Hormonmafiosi, die einen Tierarzt vor der Haustür erschießen, weil er dem Doping bei der Fleischerzeugung einen Riegel vorschieben will.

Und jetzt BSE. Die britische Regierung hat die Gefahren der Infektion von Menschen gegen besseres Wissen heruntergespielt, um der Fleischindustrie Einbußen zu ersparen. Sie hat sich damit der fahrlässigen Tötung schuldig gemacht. Dafür darf es keine Entlastung geben. Die grüne Fraktion hat das Europaparlament deshalb aufgefordert, die britische Regierung vor dem Europäischen Gerichtshof zu verklagen.

Solidarität mit britischen Bauern und Verbrauchern ja. Wir alle brauchen Rahmenbedingungen für eine Lebensmittelerzeugung, der wir vertrauen können. Eine Agrarpolitik, die überschaubare regionale Märkte fördert und eine ökologisch und sozial tragfähige Landwirtschaft nicht zur Ausnahme, sondern zur Regel macht. Dann wird Rindersteak wieder eine Delikatesse, die ihren Preis hat, statt Billigfleisch, das auf Dauer nicht zu bezahlen ist. Friedrich Wilhelm Graefe zu Baringdorf

Mitglied der Grünen-Fraktion im Europaparlament, Vizepräsident des Agrarausschusses