PKK droht Kinkel und Kohl mit Mord

■ Sicherheitsmaßnahmen verschärft. Öcalan setzt auf Gewaltaktionen. Lummer vermittelt im Kurdenkonflikt

Berlin (taz) – Die militante kurdische Organisation PKK bedroht Außenminister Klaus Kinkel mit dem Tod. „Gegen mich hat es Morddrohungen von PKK- Anhängern gegeben, die ich ernst nehme“, sagte Kinkel gestern in einem Gespräch mit der Kölner Zeitung Express. Die Sicherheitsvorkehrungen für den Außenminister sind verschärft worden. Eine ähnliche Drohung der PKK soll auch an den Bundeskanzler gegangen sein. Ein Sprecher des Kanzlers ließ jedoch wissen, daß „zu Sicherheitsfragen grundsätzlich keine Stellungnahmen abgegeben“ werden.

Auch das Außenministerium gab gestern keine weiteren Informationen. Ein Sprecher begründete dies gegenüber der taz mit einer „Anordnung des Sicherheitschefs“. Unklar ist, wann und in welcher Weise die PKK Klaus Kinkel bedroht hat; ebenso unklar ist, von wem konkret die Bedrohung ausgesprochen wurde.

Es ist damit zu rechnen, daß die PKK weiterhin auf Gewaltaktionen in Deutschland setzt. Ihr Führer Abdullah Öcalan sagte in einem Interview mit der Zeit, wenn deutsche Behörden tatsächlich die Ausländergesetze verschärften und Kurden an den „faschistischen türkischen Staat“ ausliefern sollten, „werden wir reagieren“. Er erneuerte seine Drohung von vergangener Woche, die PKK werde „Selbstmordattentäter in sensiblen Bereichen einsetzen“. Bereits in der Vergangenheit habe es Selbstverbrennungen von Kurden gegeben. Tausende seiner Anhänger in Deutschland seien dazu bereit. „Sobald ich den Befehl erteile, werden überall in Deutschland Dynamitladungen hochgehen“, sagte er.

Öcalan setzt auf die Taktik von Zuckerbrot und Peitsche. Im selben Interview entschuldigte er sich für die Ausschreitungen seiner Anhänger bei den Demonstrationen im Vorfeld des Newroz-Festes in Dortmund. „Andererseits haben nicht wir mit der Gewalt angefangen, sondern diejenigen, die die Ausrottung des kurdischen Volkes betreiben.“ An die Adresse der Bundesregierung gewandt sagte er, sie sei „eindeutig Helfershelfer“ der türkischen Regierung. Insbesonders Innenminister Manfred Kanther (CDU) und Klaus Kinkel (FDP) „überbieten sich darin, der Türkei zu Diensten zu sein und die Kurden zu verleumden“. In dem Zeit-Interview verlangt Öcalan nicht mehr ein autonomes Gebiet für die Kurden. Die PKK fordere keine Veränderung der türkischen Grenze, sondern zunächst „ein Ende der militärischen Willkür, der systematischen Ausrottung kurdischer Dörfer sowie der Vertreibung von Kurden aus ihrer Heimat“. Waffenlieferungen aus Deutschland in die Türkei bezeichnete er als „Tragödie“.

Unterdessen wurde gestern bekannt, daß Heinrich Lummer (CDU) offensichtlich als Vermittler zwischen der türkischen Regierung und dem PKK-Chef fungiert. Lummer sitzt im Auswärtigen Ausschuß des Bundestages und hat Öcalan im Oktober vergangenen Jahres in Syrien besucht. „Als Privatperson und nicht in offizieller Mission“, wie sein Sprecher betonte. Daraufhin sei im März dieses Jahres ein Brief von Öcalan an Lummer gesandt worden, mit der Bitte um Weiterleitung an den türkischen Ministerpräsidenten Yilmaz. Den Inhalt des Schreibens will der Sprecher nicht kennen. Aus PKK-Kreisen wird kolportiert, bei dem Treffen habe Lummer Öcalan vorgeschlagen, in Deutschland eine neue Organisation zu gründen, um so das PKK-Verbot umgehen und legal arbeiten zu können. Der Rechtsaußen-Politiker der CDU selbst lehnt jede Stellungnahme zum Thema ab. Annette Rogalla