Ein paar Brocken Türkisch für den Dienst

■ Die Arbeitsgemeinschaft Ausländer bei der Polizei organisiert Seminare für Kollegen, die Türkisch lernen wollen. Nach dem Besuch von Familien ergeben sich häufig Freundschaften

Ein ungewohntes Bild: 30 Polizisten in Berlins größter Moschee am Columbiadamm. Doch diesmal sind sie nicht im Einsatz. Ihr Besuch ist Teil eines freiwilligen Projekts, in dem die Beamten den Sitten und Gebräuchen türkischer Immigranten in Berlin näherkommen wollen. 80 Beamte der Arbeitsgemeinschaft Ausländer (AgA) beteiligen sich an der Initiative. Neben Ortsterminen sollen die Polizisten unter anderem auch Grundkenntnisse der türkischen Sprache lernen.

Die Beamten nehmen ihr Engagement ernst. Insgesamt 50 Doppelstunden drücken sie die Schulbank. Daß sie damit kein richtiges Türkisch lernen können, wissen sie selber. Trotzdem sei es wichtig, zumindestens Brocken der Landessprache zu kennen, „damit wir wissen, worum es geht, wenn wir zu Türken gerufen werden“, meint Kerstin Schimmeyer, die in Wedding Funkstreife fährt.

Ihr Kollege Bodo Rehbahn, Kontaktbereichsbeamter am Stuttgarter Platz in Charlottenburg, war einen ganzen Tag bei einer türkischen Familie zu Gast. Mit teilweise sehr guten Erfahrungen, wie er erzählt. In manchen Fällen hätten sich regelmäßige Kontakte zwischen deutschen Polizisten und Türken eingestellt. Daß sich die Beamten gerade der Türken in Berlin annehmen, liegt auf der Hand. Türkische Staatsbürger stellen mit rund 140.000 die weitaus größte Ausländergruppe in der 3,5-Millionen-Metropole. „Immer wieder kommt es bei Einsätzen zu kulturell bedingten Mißverständnissen, die sich bei engerem Kontakt leicht vermeiden ließen“, glaubt Gerhard Lüders. Der Polizist a. D. ist Türkeikenner und hat das Projekt Anfang des Jahres ins Leben gerufen. Die Idee dazu kam ihm bei einem Besuch in England. Dort laufen derartige Projekte seit mehreren Jahren mit Einwanderern aus den Commonwealth-Staaten. Auch die Polizei in den skandinavischen Ländern bemüht sich mit ähnlichen Mitteln um Deeskalation.

In Berlin werden die Polizisten von der türkischen Gemeinde unterstützt. Deren Vorsitzender Mustafa Cakmakoglu, Mitglied der CDU, ist häufiger Diskussionsgast bei Treffen der Arbeitsgruppe. Seiner Beobachtung nach lassen sich zwei Typen von Beamten unterscheiden: „Einerseits gibt es Polizisten, die die Schuld nur bei den Türken suchen, andere sehen das aber wesentlich differenzierter.“ Probleme mit deutschen Polizisten sieht Cakmakoglu vor allem bei Einsätzen. So beklagt er die häufig unangemessene Härte der Beamten bei Hausdurchsuchungen und den mangelnden Schutz des Gemeindezentrums vor befürchteten Anschlägen von PKK-Anhängern. Ob sich solche Probleme durch das polizeiliche Reformprojekt ändern lassen, daran glaubt aber Cakmakoglu so recht nicht. Martin Busche