Frühlingserwachen im Retorten-Raps

■ In Dörfern der Oberlausitz sollen genmanipulierte Pflanzen getestet werden

Dresden (taz) – Der US-amerikanische Chemiegigant Monsanto will testen, wie sich genmanipulierte Rapspflanzen unter dem bisher in Deutschland noch nicht eingesetzten Herbizid „round up“ verhalten. Monsanto hat für den Beginn der Testreihe das verträumte sorbische Dorf Crostwitz in der Oberlausitz auserkoren. Weitere 6 Standorte, davon 5 in den neuen Bundesländern, sind nach Informationen des Gen-ethischen Netzwerks Berlin ins Auge gefaßt. Das Robert-Koch-Institut, eine Einrichtung des Bundesgesundheitsministeriums, bestätigt, daß die Unterlagen für das Genehmigungsverfahren vorliegen.

Schneller noch war die deutsche Konkurrenz: Noch in diesem Monat will die Firma AgrEvo, eine Tochter von Hoechst und Schering, genmanipulierte Raps-, Mais- und Zuckerrübenpflanzen auf den Acker bringen. Fünfzehn Kilometer südlich von Crostwitz, in der Gemeinde Gaußig, soll das Unkrautvernichtungsmittel Bastaan den Retorten-Pflanzen getestet werden. Bekommt AgrEvo nach Ostern grünes Licht, dann wird Gaußig zur Einstiegstür für eine Serie von Tests: Erstmals in Deutschland läuft dann das Genehmigungsverfahren nach dem von der EU beschlossenen „vereinfachten Verfahren“: Nach Genehmigung eines Standortes müssen alle weiteren für dieselbe Testreihe nur noch mitgeteilt werden, und der Genehmigungsbehörde bleiben lediglich 15 Tage für ihre Entscheidung.

Der Pflanzenschutzkonzern (Umsatz 3,4 Milliarden Mark) weiß schon, wo er weitere Versuchsfelder bestellen will: In Bockelwitz bei Leipzig, in Johannestal (Ostholstein) und Wippingen bei Ulm. Henning Strodthoff vom Gen-ethischen Netzwerk vermutet, die Firma sei zuerst nach Ostsachsen gegangen, weil man dort wenig Widerstand erwartet hatte.

Wenn dem so ist, hat sich AgrEvo getäuscht. 6.000 Unterschriften sammelte das „Bündnis gegen gentechnische Freilandversuche“, eine Initiative von 22 Verbänden, Parteien und Einzelpersonen. Mit dieser Aktion zwang man AgrEvo dazu, am 12. März eine Informationsveranstaltung in Gaußig abzuhalten. Und die Grüne Liga Sachsen hat Einspruch gegen das AgrEvo-Vorhaben eingelegt, wegen Verstoßes gegen das Bundesnaturschutzgesetz. Rund um die 3 Hektar Versuchsfelder würden sich genmanipulierte Pflanzen und Bastardbildungen „unkontrolliert ausbreiten.“

Die Entwicklung einer Herbizidresistenz gegen einen ursprünglich als Totalherbizid wirkenden Giftstoff beschleunige die „Verarmung und Devastierung“ landwirtschaftlicher Flächen. Gaußig liegt im Landschaftsschutzgebiet Oberlausitzer Bergland und an einem geschützten Wasserbiotop.

Selbst der AgrEvo-Projektleiter mußte in Gaußig ein „Restrisiko“ für die natürliche Umgebung einräumen. Bisher sei die Wirkung freigesetzter Genpflanzen auf Insekten und in den Nahrungsketten kaum erforscht. Im sächsischen Umweltministerium findet es der zuständige Referatsleiter Bernd Maurer „unsensibel“, mit den Retortenpflanzen in ein Landschaftsschutzgebiet zu gehen. Doch habe sich die Biedenkopfregierung für die Biogenetik als „Schlüsseltechnologie“ ausgesprochen. Und deshalb will man das Projekt „nicht grundsätzlich ablehnen“. Detlef Krell