Weiß trägt die Grünen zu den Schwarzen

■ Konrad Weiß empfiehlt Sachsens Bündnisgrünen „Projektarbeit für Schwarz-Grün“. Die verzichten von ganzem Herzen: „Unerträgliche Blindheit“

Dresden (taz) – Das war eine herbe Morgenlektüre. „Unerträglich“ findet Karl-Heinz Gerstenberg, Landessprecher der sächsischen Bündnisgrünen, was er am Gründonnerstag als „Gastkommentar“ in der Sächsischen Zeitung zu lesen bekam. „Gerade in Sachsen“, schreibt sein Parteifreund Konrad Weiß, „bietet sich die Arbeit für Schwarz-Grün ernsthaft an“. Es werde keinen „Vizekanzler Joschka“ geben, so die Analyse des Ex-Bundestagsabgeordneten Weiß, „wenn sich das Modell Schwarz-Grün nicht zuvor in einem Bundesland bewährt hat“. Sachsen und auch Thüringen sollten „schon heute“ mit einer „Projektarbeit für Schwarz-Grün“ beginnen. Wer nicht zulassen wolle, daß die PDS irgendwo in Deutschland heimlich oder offen mitregiere, müsse den Mut haben, Denkbarrieren niederzureißen. Erst in der vorigen Woche hatte der sächsische Bundestagsabgeordnete und parlamentarische Geschäftsführer von Bündnis 90/Die Grünen, Werner Schulz, ins gleiche Horn geblasen. Sachsens Bündnisgrüne bedanken sich herzlich für die Anleitungen zum Freilandversuch. Gerstenberg attestiert Weiß „Blindheit“. Noch habe der Landesverband an den Folgen der Schwarz-Grün-Debatte vor den Landtagswahlen 1994 zu kauen – mit 4,1 Prozent war er aus dem Parlament geflogen. Auf der Kreiskonferenz kürzlich in Dresden hat sich die Partei von den alten Grabenkämpfen verabschiedet und über „Signale des Aufbruchs“ geeinigt. Ausgerechnet jetzt, schimpft der Sprecher der Alternativen Fraktion im Dresdner Stadtrat, Olaf Meyer, greife Konrad Weiß aus „relativ sicherer Entfernung“ zur Schaufel, um diese Gräben „kraftvoll wieder freizubuddeln“. In der DDR seien Bauleute nach Berlin beordert worden, jetzt, so Meyer, „scheinen politische Demontagearbeiter den umgekehrten Weg zu suchen“.

Weiß wähnt das günstige Bodenklima für Schwarz-Grün wieder einmal in den gemeinsamen „Wurzeln“ sächsischer CDU- und Bündnis-Politiker. „Männerfreundschaften aus dem Herbst 1989 und Haß auf die PDS“ sind aber, so Gerstenberg, „keine ausreichende Grundlage für Koalitionen“. Die ehemals Bürgerbewegten gingen „spätestens seit 1990“ getrennte Wege zu „politisch höchst unterschiedlichen Zielen“. Auch mit dem von Weiß anempfohlenen sächsischen Umweltminister Arnold Vaatz, der das „ökologische Versagen der Regierung nur sarkastisch verwaltet“ oder Justizminister Steffen Heitmann, der „gesundes Rechtsempfinden zur Grundlage der Gesetzgebung machen möchte“, gebe es keine politischen Gemeinsamkeiten. „Absurd“ ist es für die sächsische Bundestagsabgeordnete Antje Hermenau, den Grünen CDU-Politiker wie Heitmann oder den Dresdner OB Herbert Wagner, denen man „das Temperament von zwanzig Schlaftabletten“ bescheinigt, als Partner anzudienen.

In einem „Offenen Brief“ an Werner Schulz distanziert sich der Landesvorstand von dessen Bewertung der jüngsten Landtagswahlen. Schulz habe in dem Interview „ganze Landesverbände“, namentlich Rheinland-Pfalz, als „politische Blindgänger“ abgeurteilt. Sachsen jedenfalls sei „kein Experimentierfeld für koalitionsstrategische Überlegungen“. Detlef Krell

Gelb statt Grün: SPD zurück zur FDP?

Hamburg/München (dpa) – Im Kampf um einen Machtwechsel haben SPD-Politiker überraschend eine Neuauflage der vor 14 Jahren gescheiterten sozial-liberalen Koalition in Bonn gefordert. Nach den jüngsten Wahlschlappen der SPD lehnten sie im Gegensatz zu ihrem Parteichef Oskar Lafontaine ein rot-grünes Bündnis entschieden ab. Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck sagte Focus: „Mit der sozial-liberalen Koalition wollen wir in Rheinland-Pfalz auch ein bundesweites Signal setzen. Rot-Gelb kann künftig auch wieder eine Option für Bonn sein.“ Der ehemalige Hamburger SPD-Bürgermeister Klaus von Dohnanyi unterstrich: „Ein Regierungswechsel in Bonn ist nur durch eine Koalition von SPD und FDP möglich.“ Rot- Grün sei für Deutschland „eine schädliche Kombination“.