Nachgefragt
: „Ein Neuanfang“

■ Streit mit der DAG vorerst beigelegt und innerhalb des DGB neu entbrannt

In der Nacht zum Karfreitag haben sich die Verhandlungsdelegationen von DGB und DAG auf eine zehnseitige Kooperationsvereinbarung über ihre künftige Zusammenarbeit in der Angestelltenkammer verständigt. Danach soll die DAG-Opposition künftig im Kammer-Vorstand vertreten sein. Um den Weg dazu freizumachen, traten Kammer-Präsidentin Irmtrud Gläser (ÖTV) und ihr Stellvertreter Wilfried Segebade (IG Metall) am Freitag zurück.

Ob die DGB-Fraktion dem Kompromiß zustimmt, ist allerdings ungewiß. Die DGB-Vorsitzende Helga Ziegert erklärte gestern, sie werde als Kammer-Vorstandsmitglied nur zurücktreten, wenn die DAG zuvor der Zusammenlegung von Angestellten- und Arbeiterkammer zustimme. „Ein Kooperationsabkommen, das in erster Linie dem Pöstchenverteilen unter den Reformverhinderern dient, wird vom DGB abgelehnt“, heißt es in Ziegerts Erklärung. Warnen wolle sie auch vor „taktischen Spielereien: Zurücktreten, um sich gleich wieder wählen zu lassen, macht die Selbstverwaltung vollends lächerlich.“

taz: Der Kammer-Vorstand soll künftig im Verhältnis 4:3 zwischen DGB und DAG aufgeteilt werden. Ist schon klar, wer von den bisherigen DGB-Vorständen nicht mehr dabei sein wird?

Irmtrud Gläser: Das steht unter dem absoluten Vorbehalt der Abstimmungen in der DGB-Fraktion. Und gewählt wird der neue Vorstand erst am 26. April in der Vollversammlung.

Aber Sie kandidieren wieder als Präsidentin?

Ich möchte gerne wieder als Präsidentin kandidieren.

Sind Sie sicher, daß alle bisherigen Vorstandsmitglieder den Weg für den Neuanfang in der Kammer durch ihren Rücktritt freimachen werden?

Letztlich ist das jedem einzelnen Vorstandsmitglied überlassen. Aber ich glaube, es geht gar nicht mehr anders. Wir brauchen den Neuanfang und das geht nur, wenn wir alle geschlossen zurücktreten.

Gäbe es auch die Möglichkeit, einen noch amtierenden Restvorstand abzuwählen?

Formal gibt es diese Möglichkeit nach dem Kammergesetz möglicherweise nicht. Im Gesetz ist da eine Lücke.

Bei der letzten Kammerwahl waren die DGB-Gewerkschaften klarer Sieger. Jetzt teilen sie trotzdem die Macht mit der Opposition. Warum sollte man ihnen nächstes Mal noch die Stimme geben?

Die Hälfte der Macht haben wir nicht abgegeben. Der Vorstand wird nicht paritätisch, sondern im Verhältnis 4:3 besetzt.

Es ist richtig, daß wir uns die Zusammenarbeit und – wenn Sie so wollen – die Macht teilen. Um so wichtiger ist, daß sich beide Fraktionen jetzt intensiv um die Interessen der Angestellten bemühen, um dann 1999 klarzumachen, warum man ihnen die Stimme geben sollte. Durch die Zusammenarbeit im Vorstand wird die Entscheidung für oder gegen eine Gewerkschaft nicht schwieriger. Ase