Doppelsozi ein Betrüger?

■ Staatsanwalt ermittelt gegen SPD-Abgeordneten Kriebel

Der SPD-Abgeordnete Jürgen Kriebel ist inzwischen ein Fall für die Staatsanwaltschaft. Die Ermittler interessieren sich für den Parlamentarier, weil er in der letzten Abgeordnetenhaussitzung im vergangenen Monat für seinen abwesenden Fraktionskollegen Reinhard Roß mitgestimmt haben soll. Nicht die im Parlamentsbetrieb bislang unbekannte „doppelte Stimme“ ist dabei Gegenstand der Untersuchung, sondern daß Kriebel verhindert haben könnte, daß seinem Kollegen Roß für die Abwesenheit von dessen Diät 50 Mark abgezogen werden.

Sollte sich der Verdacht bestätigen, handelt es sich um das Offizialdelikt Betrug, sagte gestern Gerichtssprecher Rüdiger Reiff: „Die Staatsanwaltschaft muß deshalb ein Ermittlungsverfahren eröffnen.“ Nachdem Parlamentspräsident Herwig Haase (CDU) von der Staatsanwaltschaft unterrichtet worden ist, darf diese das Ermittlungsverfahren eröffnen. Gestern lag auf dem Schreibtisch des in Osterferien weilenden Präsidenten allerings noch kein Schreiben der Staatsanwaltschaft vor.

Nach Abschluß des Verfahrens wird geprüft, ob es – wegen unzutreffender Behauptungen oder wegen Geringfügigkeit – eingestellt wird, oder ob die Staatsanwaltschaft Klage erhebt. Um Klage erheben zu dürfen, müßte das Parlament zuvor die Immunität des Abgeordneten aufheben.

SPD-Fraktionschef Klaus Böger will mit Kriebel wie mit Roß die Vorwürfe klären, sobald er und die beiden Abgeordneten aus ihrem Osterurlaub zurück sind. Auch Parlamentspräsident Haase will mit den beiden sprechen. Daß die Mitglieder des Parlaments nur eine Stimme haben, ist allerdings nirgendwo schriftlich festgehalten, wie das Büro des Präsidenten mitteilte. Dennoch sei die Regel „One Man – One Vote“ ein demokratisches Grundprinzip, an daß sich jeder Abgeordnete zu halten habe, sagte ein Mitarbeiter. Dirk Wildt