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■ Arbeitslosenrekorde gehören bald der Vergangenheit anDie ideale Lösung

„Die Lage ist entscheidend besser als die Stimmung.“ Nahezu gebetsmühlenartig kommentiert Bernhard Jagoda, Chef der Bundesanstalt für Arbeit, Monat für Monat die trostlose Lage auf dem Arbeitsmarkt. Und das, obwohl der jeweilige Arbeitslosenrekord nur gut vier Wochen lang Bestand hat, um dann sofort vom nächsten übertroffen zu werden.

Trotz leichten Rückgangs sind auch die aktuellen 4,14 Millionen Arbeitslosen für einen März erneut Nachkriegsrekord. Aus der erhofften Frühjahrsbelebung wurde so gut wie nichts, denn angesichts der rigiden Sparpolitik vor allem der öffentlichen Hand fällt auch die Frühjahrslokomotive Bauwirtschaft in diesem Jahr aus.

Dem BA-Chef bleibt da nur das Prinzip Hoffnung, und das heißt „Bündnis für Arbeit“. Daß dies von gewichtiger Arbeitgeberseite längst beerdigt ist und man statt dessen an immer neuen Modellen zum Sozialabbau und zur Senkung der Lohnnebenkosten bastelt, stört Jagoda nicht. „Totgesagte leben länger“, verkündet er trotzig. „Konstruktive Lösungen“ seien jetzt angesagt.

Gerade dabei scheint seine Anstalt schon ein gewaltiges Stück vorangekommen zu sein – auf ganz eigene Art. Endlich ist eine Strategie mit Erfolgsgarantie in Sicht, um künftig Arbeitslosenrekorde der Vergangenheit angehören zu lassen. Schon jetzt geben viele Arbeitslose angesichts der Aussichtslosigkeit, eine Stelle zu bekommen, und zunehmender Schikanen beispielsweise durch verschärfte Zumutbarkeitsklauseln und Kontrollmaßnahmen der Arbeitsämter entnervt auf. Im ersten Quartal beendeten sechs Prozent mehr als im Vorjahr ihre Arbeitslosigkeit, wobei die Zahl jener, die wirklich eine Arbeit aufnahmen, stagnierte. Der Rest meldete sich also ganz ab und verschwand ohne Job einfach aus der Statistik.

Dieser Effekt steigerte sich noch, wenn schon Jugendliche keine Perspektive auf einen Arbeitsplatz mehr haben. Der sich anbahnende Lehrstellenmangel deutet schon in diese Richtung. Wer nach langer Suche keinen Ausbildungsplatz bekommt, gibt früher oder später vielleicht ebenfalls auf, zumindest kostet er keinen Pfennig Arbeitslosenunterstützung. Dann muß nur noch die Sozialhilfe weiter gesenkt werden, und man sparte auch gesamtwirtschaftlich.

Die ideale Lösung also. Nur der Chef selbst hat die Zeichen der Zeit noch nicht erkannt. Bernhard Jagoda appellierte statt dessen noch an die Unternehmer, mehr Ausbildungsplätze bereitzustellen. Bernd Siegler

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