■ Mit Glaskokillen auf du und du
: Fracht aus La Hague

Hannover/Wien (dpa) – In Frankreich hat am Dienstag die Beladung von Castor-Behältern für Deutschland begonnen. Aus der französischen Wiederaufarbeitungsanlage La Hague werden bald regelmäßig Atommülltransporte ins niedersächsische Gorleben rollen.

Bis zum Jahr 2003 sollen in rund 110 Transporten 2.800 Glaskokillen in das atomare Zwischenlager gebracht werden. Sie enthalten hochradioaktiven Atommüll, der bei der Wiederaufarbeitung abgebrannter Brennelemente aus deutschen Kernkraftwerken angefallen ist. Die Betreiber der Kraftwerke sind zur Rücknahme vertraglich verpflichtet.

Wann der Transport losgeht, dazu wollte der Sprecher des Brennelementelagers Gorleben, Jürgen Auer, nichts sagen. Aus Regierungskreisen in Niedersachsen munkelte es: „Zwischen dem 6. und 9. Mai.“

Bei den Glaskokillen handelt es sich um Zylinder aus Edelstahl mit einem Durchmesser von 43 Zentimetern und einer Höhe von 1,34 Metern. Jede Kokille enthält 400 Kilogramm Glasmasse, in die die nicht wiederverwertbaren Spaltprodukte aus abgebrannten Kernbrennelementen eingeschmolzen sind.

Die Edelstahlbehälter müssen zunächst zwischengelagert werden, da sie für einen Transport noch zu heiß sind. Sie werden dann in Behälter der Typen TS 28 V oder Castor HAW 20/28 CG geladen und nach Gorleben gebracht. Dabei haben die Kokillen an der Oberfläche immer noch eine Temperatur von 150 bis 180 Grad. Sie müssen deshalb in den Behältern weitere 20 bis 30 Jahre im Zwischenlager abkühlen, bevor eine Endlagerung in Frage kommt.

Was alles in einem AKW steckt und nur darauf wartet, hervorzukommen, belegt eine neue Greenpeace-Studie zu Katastrophe von Tschernobyl: Bis zu 140 Milionen Curie wurden freigesetzt. Bisher gingen die ExpertInnen von 40 Millionen Curie aus. Eine Fläche von der Größe der Niederlande werde verantwortlicherweise auch in Zukunft nicht für die Landwirtschaft nutzbar sein. 270.000 Menschen leben noch immer in den verstrahlten Regionen. Selbst wenn das Leid der vielen erkranktn Menschen beiseite gelassen wird und nur die volkswirtschaftlichen Verluste gerechnet werden, kostet die Sanierung der verstrahlten Gebiete nach Greenpeace-Berechnungen 300 Milliarden Dollar.

Nach zehn Jahren hat nun auch Umweltministerin Angela Merkel das „nicht zufriedenstellende Niveau der Atomkraftwerke in Mittel- und Osteuropa“ beklagt. Sie tagt zusammen mit vielen anderen Atomexperten zur Zeit in Wien. Unfälle seien auch weiterhin nicht auszuschließen.