Müllsammeln strengstens verboten!

■ Die LTU darf keine Urlauberabfälle mehr zurückführen: Das Luftfahrtbundesamt hält die Aktion für „Müllimport“

Berlin (taz) – „Es ist wohl das erste Mal, daß ein deutsches Touristikunternehmen eine Umweltmaßnahme vor Gericht durchsetzen muß“, ärgert sich Thomas Immelmann von LTU. Da hatten die Herren Reiseunternehmer einmal eine gute Idee, und jetzt wiehert der Amtsschimmel.

Seit 1993 wurde jedem Maledivenurlauber ein 35-Liter-Müllsack in die Hand gedrückt. Diesen füllten die meisten Sonnenanbeter inmitten des Indischen Ozeans ganz brav mit ihren Coladosen und ließen ihn von der LTU wieder nach Deutschland heimführen. Dort wanderte der Inhalt auf die Deponie oder wurde, wenn möglich, recycelt. Nach LTU-Angaben machten bis zu 80 Prozent der Passagiere mit. Auf diese Weise konnten seit Einführung der Aktion immerhin 300 Tonnen Müll jährlich gesammelt werden. Von allen Seiten bekamen die Touristentransporter Lob zugesprochen.

Das Luftfahrtbundesamt ist anderer Meinung. Der Rücktransport der leeren Sonnencremetuben und verbrauchten Batterien verstoße gegen Gesetze zur Mülleinfuhr in deutsche Lande. Außerdem falle die LTU-Müllrückfuhr unter die Regelungen zum Transport infektiöser Stoffe. Diese Verordnung beschäftigt sich eigentlich eher mit der Beförderung von Bakterienstämmen als mit gebrauchten Kondomen und Blechdosen. Bei der LTU ist man sowieso der Meinung, daß die Luftfahrtbehörde hier gar nicht zuständig sei, sondern das Umweltbundesamt. Und von diesem sei man ausdrücklich gelobt worden.

Auch der Bund für Umwelt- und Naturschutz (BUND) äußerte sich positiv. „Der deutsche Umweltschützer würde natürlich zuerst sagen, daß man diesen ganzen Müll doch vermeiden könnte. Aber auf den Malediven gibt es keine Recycling-Infrastruktur. Wenn der Müll nicht wieder mitgenommen wird, dann würde das bedeuten, er wird abgelagert, und niemand kümmert sich darum“, sagt Olaf Bandt, Abfallexperte des BUND. Die Aktion wäre also – auch verglichen mit der Abfallentsorgung europäischer Urlaubsländer wie Griechenland oder Italien – positiv zu beurteilen. Vor 1993 wurden alle Abfälle der Maledivenurlauber ins Meer gepumpt, mit verheerenden Folgen für das Ökosystem der Korallenriffe.

Ein PR-Gag, der von den tatsächlichen Folgen des Flugferntourismus ablenken soll? „Natürlich wäre es ökologisch sinnvoller, wenn alle diese Leute in Europa Urlaub machen würden. Aber mit solchen Forderungen kann man das Müllproblem vor Ort nicht lösen“, meint Bandt. Menschen, die Fernreisen buchen, würde es bedauerlicherweise trotzdem geben.

Ergänzt wurde die „Müllrückführung Malediven“ noch durch eine gemeinsame Aktion von LTU mit ortsansässigen Tauchschulen. Im Rahmen eines Aktionstages „Clean up the Maledives“ wurden die Korallenriffe von Altlasten befreit und regelmäßige Kontrollinspektionen installiert.

Wenn trotz aller Bemühungen dem Tourimüll in Zukunft die Heimkehr verwehrt bleibt, dann könnte das allerdings auch positive Auswirkungen haben. Bei einem massiven Anstieg des Meeresspiegels würde die Inselgruppe nämlich als erste im Meer versinken. Ein hoher Müllberg könnte da die letzte Rettung sein. Stefan Kuzmany