Rotschwarzgrüne Reform-Koalition

■ SPD, CDU und GAL wollen per Gehaltserhöhung den Einstieg in das Profi-Parlament schaffen / Markus Wegner ist dagegen Von Uli Exner

Nun aber los: Volksentscheide jetzt, Gehaltserhöhung auch. Hamburgs Bürgerschaftsabgeordnete setzen gut drei Jahre nach dem Diätenskandal und ebensolangem internen Tauziehen zum neuen Sprung an: Verabschiedet werden soll noch in diesem Jahr eine umfangreiche Parlamentsreform. Einem gestern von der SPD-Fraktion vorgelegten „Vermittlungsvorschlag“ wollen CDU und GAL offenbar zustimmen. Nur Statt-Parteigründer Markus Wegner kündigte Widerstand an.

Wichtigste Punkte der Polit-Renovierung:

–Einführung von Volksentscheid, Volksbegehren und Volksentscheid;

–Schaffung von Direkt-Wahlkreisen bei den Bürgerschaftswahlen;

Richtlinienkompetenz für den Bürgermeister, Ende des Kollegialprinzips im Senat.

–Begrenzte Unvereinbarkeit von Parlamentsmandat und Tätigkeit im öffentlichen Dienst (Gehaltsstufe A16 aufwärts).

Und – Achtung Glatteis! – Abschied vom Feierabendparlament samt neuer Diätenregelung.

Gaaanz vorsichtig umschleichen die beiden in Sachen Abgeordnetengehälter schwer sensibilisierten SPD-Fraktionsvorsitzenden Günter Elste und Jan Ehlers bei der Vorstellung ihres Vorschlags das heiße Eisen: Sei ja nur ein Vorschlag, über den man jetzt diskutieren müsse. Komme ja auch ganz darauf an, wie der Vorschlag von der Presse aufgenommen werde. Böse Erinnerungen plagen die beiden.

Und zwar nicht von ungefähr: 4000 Mark brutto sollen die Abgeordneten demnächst verdienen plus 600 Mark Aufwandspauschale plus mandatsbedingter Ausfälle der Sozialversicherung. Rund 3000 Mark netto dürften dabei im Schnitt rauskommen, rund 1000 Mark mehr als bisher. Um den Abgeordneten, so Elste, professionelleres Arbeiten zu ermöglichen. „Ein Einstieg, ein Zwischenschritt“ zum Profiparlament.“ Aber eben nicht mehr.

Abgeordnete, die gar nicht professioneller arbeiten möchten, können ihren Feierabend-Stiefel weiter wienern – nur besser dotiert. Die Ausschüsse tagen weiter abends, nur die jährlich rund 25 Parlamentsplena sollen statt um 16 Uhr künftig um 14 Uhr beginnen.

Bemerkenswert: Ausgerechnet die in den vergangenen Jahren nicht gerade durch übermäßig fleißige Parlamentarier glänzende CDU sorgte dafür, daß sich Abgeordnete künftig nicht zwischen Berufseinkünften und Diäten entscheiden müssen. Sie hatte sich geweigert, der nötigen Verfassungsänderung zuzustimmen, falls damit ein Zwang zum Berufspolitiker-Dasein verbunden wäre. Offizielle Begründung, vorgetragen von Fraktionschef Ole von Beust: „Wir wollen kein Funktionärs-Parlament“. Die Christdemokraten verfügen in der Bürgerschaft bei Verfassungsänderungen über eine Sperrminorität.

Trotz dieser Absage an das von ihr gewünschte Profi-Parlament will die GAL den SPD/CDU-Vorschlag mittragen. Ihr wichtigster Kritikpunkt: Die Begrenzung der Unvereinbarkeitsregelung auf die höchsten Verwaltungsebenen. „Hier hat die CDU heftige Aktivität für das Fortbestehen des Filzes entwickelt“, kommentierte Fraktionschef Willfried Maier. Die Grünen hatten gefordert, daß sich Mitarbeiter des Öffentlichen Diensts generell zwischen Beruf und Mandat entscheiden müssen. Diese Regelung hatte auch eine unabhängige Enquetekommission vorgeschlagen, verbunden allerdings mit einer Gehaltserhöhung auf 6.800 DM.

Markus Wegner, immerhin Vorsitzender des mit den Arbeiten an der Parlamentsreform beauftragten Verfassungsausschusses kündigte Widerstand gegen die rotschwarzgrüne Koalition an: Gegen die geplante Anhebung der Diäten noch in dieser Legislaturperiode „werde ich mich mit aller Kraft zur Wehr setzen“