Mini-Parzellen und kein Dauerwohnrecht

■ Umweltbehörde legt Gutachten zum wichtigen Erholungsraum Kleingarten vor Von Marco Carini

Ständig will man ihnen an ihre Lauben. Ob NDR, Stadtentwicklungsbehörde oder Bausenator Eugen Wagner: Die nur an Sommerwochenenden genutzten 36.500 Hamburger Kleingärten erwecken die Begehrlichkeiten all derer, die mit ihren ehrgeizigen Bauprojekten nicht wissen wohin. Auf der anderen Seite: Fritz Vahrenholt, Umweltsenator und unerschrockener Robin Hood aller bedrohten Parzellenpächter.

Der legte gestern ein von seiner Behörde in Auftrag gegebenes Gutachten vor, in dem für 330.000 Mark bewiesen wurde, was Robin Vahrenholt immer schon wußte: Hamburgs Kleingärten sind begehrt, als Erholungsraum wichtig, und ökologisch wertvoll. Aber: Die Parzellen sollen in Zukunft kleiner werden, damit mehr Lauben auf der zur Verfügung stehenden Fläche untergebracht werden können.

Denn es besteht in Hamburg, so haben die Gutachter aus Hamburg und Hannover herausgefunden, ein Bedarf an rund 2000 zusätzlichen Parzellen. Da eine Ausweitung der Kleingartenflächen politisch nicht durchsetzbar ist, soll größeren Parzellen über 400 Quadratmetern etwas abgezwackt werden. So könnten etwa aus zwei großen Kleingärten drei kleinere werden.

Weitere Forderungen der Gutachter: Die bestehenden Kleingärten sollen nur im absoluten Ausnahmefall überbaut und verlagert werden, der Preis für Neueinsteiger soll von derzeit knapp 15.000 Mark auf rund 5000 gedrückt werden, damit auch einkommensschwächere Schichten in den Genuß des eigenen Gärtchens kommen können.

Zudem sollen die Kleingärtner gedrängt werden, ihre Parzellen ökologischer zu bewirtschaften. Nachdem der Gebrauch von chemischen Unkrautvernichtern rund um die Laube bereits verboten ist, verhandelt die Umweltbehörde derzeit mit dem Landesbund der Gartenfreunde über ein Verbot des Einsatzes von Schädlingsbekämpfungsmitteln.

Ein anderes Problem: Die Kleingartenkolonien sind heute fast ausländerInnenfreie Zonen. Den Grund dafür sieht Gutachter Wulf Tessin darin, „daß das Kleingartenmilieu eben so ist, wie es ist“. Einfach ziemlich deutsch.

Eine glasklare Absage allerdings erteilte Vahrenholt allen Überlegungen, der Wohnungsnot dadurch zu begegnen, daß den KleingärtnerInnen ein Dauerwohnrecht auf ihren Parzellen eingeräumt wird. Ökologische und stadtplanerische Gründe sprächen gegen eine solche Variante. Noch existieren in etwa 2800 Parzellen sogenannte „Behelfswohnheime“, die von HamburgerInnen als Erstwohnsitz genutzt werden; Tendenz stark fallend. Denn kommt es zum BesitzerInnenwechsel, wird das Wohnrecht gestrichen, die wetterfesten Kleinhäuser müssen durch luftige Sommerlauben ersetzt werden.

Viele KleingärtnerInnen können das nicht nachvollziehen. Gerda von Allwörden, Parzellenpächterin in der Kolonie 222 am Altonaer Friedhof: „Hier existieren 50 stabile Häuser, die bis zu 100 Quadratmeter groß sind, aber nicht als Erstwohnsitz genutzt werden dürfen. Und das, wo wir täglich hören, wie groß die Wohnungsnot in Hamburg ist“.