Cats machen Mäuse

■ Katzengeburtstag: Seit zehn Jahren ziehen Samtpfoten Stützstrümpfe magisch an Von Katze Mikeschova

Die Schlimmsten sind ja Schreiberlinge, die sich über Sachen verbreiten, die sie gar nicht gesehen haben. Oder höchstens daheim aufm Sofa inner Glotze. Ich zum Beispiel komm' allein gar nicht rein. In Cats. Und meine gute Ernährerin ist nicht geneigt, mich inner Sporttasche da hinein zu schmuggeln. Aber ich bin gerne bereit, aus der Sicht einer benachbarten Katze – wohnhaft Hopfenstraße – über die Katzen-Kolportage vom Spielbudenplatz zu miauen. Wär schließlich schon beinahe mal totgetreten worden von so'ner flitternd-glitzernden Reisegruppe eher gewichtiger Damen, die regelmäßig auf spitzen Absätzen das Trottoir verunsichern – nicht daß die Herren weniger bedrohliches Schuwerk tragen. Ich graue Tigerin, die ich da so gerne übersehen werde, schaue dann vom sicheren Hauseingang den Stützstrümpfen hinterher. Wenig später lassen sie sich von Rum Tum Tugger und Grizzabella zu Tränen rühren. Und von den astreinen Profis im Orchestergraben, die nebenbei doch noch allerlei Kreatives erledigen wie Lesen und Zeichnen oder so, wie ich neulich inner Zeitung las.

Und fast immer ausverkauft das. Wer wollte schon ein Hundeleben sehen, oder? Katzenblick, Sie verstehen, ist nicht bös gemeint. Ist zum Beispiel wie mit meiner Klofrau, dieselbe wie die Ernährerin. Wenn ich im TV was von Cats zu sehen bekomme, läßt die Gute es nur um den Preis von Gardinenpredigten zu. Und quatscht dazwischen, daß die Stadt diesem Musical-Bonzen jahrelang quasi mietfrei das Haus beim Millerntor überließ, und dann sei das doch Kunsthandwerk, das weniger im Kultur-, sondern besser im Wirtschaftsteil aufgehoben ist, wie es seinerzeit mal in der taz hieß. Keine müde Mark werde sie für diese Tourismusförderung, diese seichte..., und das behalte ich jetzt mal für mich, ausgeben. Dennoch: Sie selbst hat ja schon ihrer Tante, die jedes Musical ansieht, die Goldlammée-Bluse über die Straße getragen hat.

Die Cats in meiner Nachbarschaft machen übrigens jede Menge Mäuse (siehe Statistik und rechne hoch). Es kübelt Touris auf die Reeperbahn, Gäste in die Hotels, Bürger in die Herbertstraße, während sich die Gattinnen vor dem mit Zigarettenreklame verbrämten Eisentor die Füße platt stehen, hab's selbst mal gesehen. Weshalb ich das mit den Stützstrümpfen natürlich auch wieder verstehen kann. Und dann das lange Sitzen. Eine Katze versteht vieles. Aber die Masse macht's natürlich nicht immer.

Immerhin: 4,2 Millionen Besucher in zehn Jahren. Meine Besteste hatte 1986 keinen Pfifferling auf Cats gesetzt und beklagt, daß es nie eine ernstzunehmende Rats-Persi-flage gab. Im Gegenteil, der Kurz pflanzte alsbald seine Neue Flora an den Holstenbahnhof. Ich bin neulich abends noch dort vorbeigefahren, und fragte mich, was macht der Fritz eigentlich jetzt? Tja, wenn der Bürgermeister ihn zum Cats-Geburtstag geladen hätte, wär er schon noch mal nach Hamburg gekommen. Aber jetzt isser mit Gitte („Ich will alles“) liiert und setzt irgendwelche Projekte in der Hauptstadt in den Sand.

Anfang der 80er war ja „Große Freiheit Nr. 7“ der letzte spektakuläre Mißerfolg im Operettenhaus. Dann wurde das Sorgenkind des Unterhaltungstheaters wachgeküßt von geölten Katzenstimmen, internationalen Kräften, die im Schnellkurs des deutschen Librettos mächtig wurden. Tanzende und singende sind den Stützstrümpfen sowieso die liebsten AusländerInnen, soweit meine unmaßgeblichen Beobachtungen mit dem Altpapier neben dem Ofen korrespondieren. Doch meine Beste mit ihrem metropolitan-toleranten Verständnis hat demnächst schon wieder einer Musical-versessene Cousine zu Besuch. Die wird wenigstens eine schöne Bratwurst verzehren, was dann wieder- um die Handelskammer freut.

Wie ich höre, wagt inzwischen der Cats-Nachwuchs auf eigenen Probebühnen Experimentelles . Auch Musical-Maßnahmen für schwererziehbare Autofahrer sind prinzipiell denkbar. Na, da kann die Kiez-Katze ja nicht meckern und empfiehlt, daß auch St. Pauli-Fans noch Nachhilfe in Stadiongesängen und -choreographie vertragen könnten.