Leibesvisitation im Amtsgericht

■ Kurde wegen Beteiligung an Autobahnblockade im März 94 angeklagt

Gleich zweimal mußten sich BesucherInnen des Bremer Amtsgerichts gestern einer Leibesvisitation unterziehen. Wie im Check-In eines Flughafens wurde mit Metallsonden nach versteckten Waffen gefahndet, alle Taschen mußten geöffnet werden. Anlaß der völlig unüblichen Aufregung: Im Saal 451 stand der 32jährige Kurde Behcet A. vor Gericht. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm Landfriedensbruch vor, weil er sich am 22. März 1994 an der Blockade der A27 in Höhe der Unterführung Waller Straße beteiligt haben soll.

„Der Angeklagte hat einen Benzinkanister und ein Feuerzeug in den Händen gehalten und damit gedroht, sich und andere anzuzünden, falls die Polizei die Autobahn räumen sollte, bevor ein Gespräch mit Bürgerschaftsabgeordneten zustandegekommen war“, heißt es in der Anklageschrift. Die konnte gestern vor Gericht jedoch noch gar nicht verlesen werden. Stattdessen mußte sich das Gericht mehrere Stunden mit den Anträgen des Verteidigers Hans-Eberhard Schultz beschäftigen.

Schultz hatte die Aufhebung der Visitationen am Gerichtseingang verlangt. Diese würden eine „systematische Vorverurteilung“ seines Mandanten durch „staatliche Stellen“ bedeuten und die Einstellung des Verfahrens wegen eines „unabwendbaren Hindernisses“ rechtfertigen. Amtsrichter Christian Zorn wies jedoch alle Anträge der Verteidigung ab und konnte es sich nicht verkneifen, als Reaktion auf diese Prozeß-Strategie den Angeklagten darauf hinzuweisen, daß er seinen Verteidiger von dem Mandat entbinden könne, wenn dieser gegen die Interessen des Angeklagten handele.

Die Verhandlung wird am kommenden Mittwoch mit der Verlesung der Anklage fortgesetzt. Bis dahin will die Verteidigung das wichtigste Beweismittel, ein Polizeivideo, auswerten. Ase