Demonstration in der Wagenburg

Bezirk- und Senatsvertreter besichtigen die East-Side-Gallery und erkennen ein „sehr kompliziertes Problem“. Politiker sind sich einig, die Wagenansammlung schnell zu räumen  ■ Von Gereon Asmuth

Kurz- bis mittelfristig soll die Wagenburg hinter der East-Side- Gallery aufgelöst werden. Darauf einigten sich gestern Vertreter verschiedener Bezirks-, Senats- und Bundesverwaltungen. Laut Dieter Hildebrandt (PDS), Umweltstadtrat in Friedrichshain, soll auf Staatssekretärebene weiter nach geeigneten Ersatzgrundstücken gesucht werden. Der Bezirk will den Wagenbewohnern Wohnungen anbieten. Die Oberfinanzdirektion Berlin, die den in Bundesbesitz befindlichen Teil des ehemaligen Mauerstreifens verwaltet, hat sich bereit erklärt, die Müllberge auf dem Gelände zu beseitigen.

Zuvor waren unter der Führung von Helios Mendiburu (SPD), Bezirksbürgermeister von Friedrichshain, etwa 70 Verwaltungsvertreter und Polizisten über das Gelände marschiert. Seit einer tödlichen Messerstecherei vor drei Wochen ist die Wagenburg heftig umstritten. Innensenator Jörg Schönbohm (CDU) hatte den Koalitionsbeschluß in Frage gestellt, innerstädtischen Wagenburgen nur bei vorhandenen Ausweichflächen räumen zu lassen.

„Bleiben Sie auf dem Hauptweg, da kommen Sie am besten durch“, wiesen die Bewohner den Besuchern einen Weg durch ihre Wohnstätte. Die hielten sich an die Empfehlung und durchquerten zügig die Mischung aus Wracks, Müllbergen und bewohnten Wagen. „Wenn Sie mit uns reden wollen, stehen wir gerne zur Verfügung“, boten die Rollheimer an, fanden für dieses Angebot aber kaum ein Echo. „Was soll man mit denen denn reden?“ zeigte sich Innenstaatssekretär Kuno Böse (CDU) zugeknöpft. Nach der Begehung mokierte er sich über die Befürchtung der Wagenbewohner, durch eine Räumung obdachlos zu werden. „Wozu zahlen wir eigentlich Miete?“ raunzte er einem seiner Mitarbeiter zu.

Seit seinem letzten Besuch vor drei Jahren habe sich die Dichte und der Dreck erhöht, erklärte Böse. Jetzt müsse man Umweltprobleme und soziale Fragen lösen. Eine polizeirechtliche Räumung werde es zwar nicht geben, sollten allerdings Verstöße gegen Umweltrecht oder Bauvorschriften festgestellt werden, müsse die Polizei Amts- und Vollzugshilfe leisten. Für Böse stellt sich jetzt vor allem die Frage, „wann, wie und auf welcher Rechtsgrundlage geräumt wird“. Zunächst einmal wurde die Wagenburg als „gefährlicher Ort nach dem Allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsgesetz“ eingestuft, so daß polizeiliche Kontrollen jetzt auch ohne konkreten Anfangsverdacht möglich sind.

„Hier gibt es eine ganze Reihe kaputter Typen“, meint ein Rollheimer. Auch die tödliche Messerstecherei will er keinesfalls verniedlichen. Aber bisher sei völlig unklar, ob daran überhaupt Bewohner der Burg beteiligt gewesen seien. Drogenhändler kämen regelmäßig auf das Gelände, um dort ihre Geschäfte zu machen. Auch ein Teil der Müllberge wurde von außen herangekarrt. In einem Fall leitete die Polizei ein Ermittlungsverfahren gegen einen illegalen Müllkipper ein.