Politische Ziele hinter Paragraphen versteckt

■ betr.: „Schutz braucht man nur vor Gefahren“, taz vom 15. 4. 96

Wer schützt uns vor Staatsbeamten, die bestehendes Recht so interpretieren, daß es ihnen in ihr politisches Kalkül paßt?

Diese Frage drängt sich einem auf, wenn man die Begründung von Herrn Buhk liest, warum er sich gegen die Kennzeichnung von gentechnisch verändertem Raps ausgesprochen habe. Die von ihm angesprochene Grundlage der europaweiten Genehmigung des Rapses (und seiner Kennzeichnung) ist die sogenannte Freisetzungsrichtlinie 90/220/EWG, die auch in das bundesdeutsche Gentechnikgesetz überführt wurde.

Weder der für die Kennzeichnung relevante Anhang III noch der Art. 11 der Richtlinie sagt irgend etwas darüber aus, daß die Genehmigungsbehörde einen Hinweis auf die gentechnische Modifikation nur dann fordern kann, „wenn es der Umwelt- oder Gesundheitsschutz erfordert“, wie es Herr Buhk behauptete. Im Gegenteil. Im Gesetzestext heißt es sinngemäß: „Wenn der Antragsteller der Ansicht ist, daß mit dem Inverkehrbringen und der Verwendung seines Produktes kein Risiko verbunden ist, kann er beantragen (Anm.: Was übrigens nie geschehen ist), daß eine oder mehrere der unter Anhang III aufgelisteten Kennzeichnungsanforderungen entfallen.“ Der Gesetzgeber hat also weder die Genehmigungsbehörde verpflichtet, so zu verfahren („Kannbestimmung“), noch hat er eine Aussage getroffen, welche Angaben in einem solchen Fall gestrichen werden sollen.

Hier geschieht nichts anderes, als daß Herr Buhk und seine Vorgesetzten im Bundesgesundheitsministerium ihre wahren politischen Ziele hinter Paragraphen versteckten.

Als letzte Anmerkung sei noch gestattet: Wer wie Herr Buhk Kennzeichnung noch immer nur als Sicherheitshinweis versteht, scheint die öffentliche Diskussion der letzten Jahre – inklusive der Äußerungen seines eigenen Ministers – verschlafen zu haben. Jens Katzek, Referat Internatio-

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