■ Heinz-Rudolf Kunze ist wieder einmal auf Tournee. Oder: Wie der singende Deutschlehrer einmal richtig neidisch wurde
: Der Dichter und sein Lenker

Kunze: One, tow, one, tow, Test, Test.

taz: Äh, ja, das geht. Wir übersprechen jetzt eine Jethro-Tull- Kassette.

Schade drum.

Na, geht. Heinz, du hast in der Vergangenheit immer wieder betont, wie sehr dir die deutschen Nachwuchspopper am Herzen liegen – und jetzt lästern die über dich.

Ja, die Jungs von der Band Mastino haben zum Beispiel gesagt: „Mit so einem etablierten Sack wie dir dürften wir uns niemals in der Kneipe sehen lassen.“ Warum eigentlich nicht? Das finde ich vernagelt und – wie man so schön sagt – ein bißchen deutsch, diese Abgrenzungsmentalität.

Frank Spilker, der Sänger der Band Die Sterne, sagte: „Der Kunze hat die Codes nicht.“

Die was nicht?

Die Codes.

Was soll das bedeuten?

Die Mehrzahl von der Code.

Aha.

Und kleiden würde sich der Kunze „wie ein dummer Lehrer“.

Aber ob der jemals so eine Nummer hinkriegt, die so gut abgeht wie mein Song „Eigentlich nein“ – das muß er erst noch beweisen (lacht). Wir reden jetzt so allgemeine Dinge – hast du denn irgendwie gar keine partikuläre Frage zu einem Lied meiner neuen Platte?

Nein, ich wollte den Privatmann Kunze, also schon generell.

Aber ich bin auf einige Stücke doch sehr stolz, so ein Lied wie „Möchtegern-Opfer“, das gibt es in Deutschland nicht so häufig.

Da bist du eitel?

Jeder Mensch hört gerne Lob.

Was anderes: Fährst du ein dickes Auto?

Ja, warum?

Einen Mercedes?

Ja.

Einen großen?

Einen mittelgroßen.

Einen 300er?

Einen 320er.

Das ist ja was! Die deutschen Gutmenschrocker verraten die Ideale und fahren die dicken Schlitten; Grönemeyer fährt einen BMW...

Herbie hatte schon vor vielen Jahren – als er noch bei mir im Publikum saß und ich noch mehr Zuschauer hatte als er – einen flaschengrünen Jaguar, um den ich ihn damals sehr beneidet habe. Das mal jetzt, liebe Öffentlichkeit, für Euch (lacht sich kaputt): Einen Jaguar Daimler, wie ihn damals Roger Moore in der Krimiserie der sechziger Jahre gefahren hat – ein Kultauto. Mir ist der Sabber aus dem Mund getrieft, als ich das sah, aber er gehört tatsächlich ihm. Und das hat auch nichts mit Idealeverraten zu tun, sondern mit dem Erfüllen von Träumen.

Als ich in den achtziger Jahren frierend im Norwegerpoullver auf Benefizkonzerten herumstand, da hattet Ihr hinter der Bühne große Autos stehen...

Damit habe ich keine Probleme. Diese Wollsockenphilosophie hatte ich nie. Ich war auch nie festgelegt auf die Friedensbewegung. Ich war immer eigenbrötlerisch, und die Leute, die in meine Konzerte kommen und meine Platten kaufen, sind keine amorphe Masse – das sind lauter einzelne, so stelle ich sie mir vor. So möchte ich sie mir vorstellen, ich kenne sie ja nicht alle.

Aber im Konzert kommen sie dann zusammen und werden eine Gemeinschaft.

Daß es im Moment eines Konzerts kommunionsartige Erlebnisse gibt, ist legitim und der Sinn eines Konzerts.

Interview: Benjamin v. Stuckrad- Barre

Sinn und Kommunion gibt es in den kommenden Wochen noch in folgenden Städten:

19.4. Mannheim; 20.4. Stuttgart; 21.4. Köln; 23.4. Düsseldorf; 25.4. Erfurt; 26.4. Hannover; 27.4.

Gütersloh; 29.4. Bremen; 30.4. Magdeburg; 1.5. Berlin; 3.5. Schwerin; 4.5. Rostock; 6.5. Lübeck; 7.5. Kiel; 9.5. Braunschweig; 10.5. Osnabrück; 11.5. Hamburg