Bundesbank senkt Zinsen

■ Konjunkturankurbelung ist dringend nötig, denn die Wirtschaft schrumpft

Berlin/Frankfurt (taz/dpa) – Zur großen Überraschung der Finanzwelt hat der Zentralbankrat auf seiner gestrigen Sitzung die Leitzinsen um jeweils ein halbes Prozent gesenkt. Der Diskontsatz liegt nun mit 2,5 Prozent auf dem zweittiefsten Stand der bundesdeutschen Geschichte, der Lombardsatz sank auf 4,5 Prozent.

Offenbar plagt die Bundesbanker die Angst vor einer Rezession. Gestern gab das Wirtschaftsministerium bekannt, daß im ersten Quartal dieses Jahres, wie schon im den letzten drei Monaten 1995, die Wirtschaftsleistung schrumpfte. Genaue Zahlen gab es nicht, aber Wirtschaftsminister Jürgen Rexrodt mußte zugeben, daß er seine bisherige Wachstumsprognose für 1996 von 1,5 Prozent wohl herunterkorrigieren muß. Erst vorgestern hatte der IWF die Deutschen ermahnt, doch unbedingt die Zinsen zu senken.

Mit den Sätzen für Diskont- und Lombardkredite beeinflußt die Bundesbank indirekt die Zinsen auf den Kapitalmärkten. Denn über diese Kredite müssen die Geschäftsbanken sich Geld bei der Bundesbank besorgen. An den Zinseinnahmen für diese Kredite verdient die Bundesbank prächtig. Ebenfalls gestern gab die Bundesbank bekannt, daß sie 1995 mit einem Reingewinn von 10,9 Milliarden Mark abgeschlossen hat. Davon werden 10,3 Milliarden Mark an den Bund abgeführt. Daneben verdient die Bundesbank auch an ihren Währungsreserven, die sie gewinnbringend anlegt.

Politiker und Unternehmensverbände begrüßten gestern einhellig die Zinssenkung. Auch die Börse reagierte freundlich; der Dax stieg um gut elf Prozent. Weil die Banken die Geldkostensenkung nicht unbedingt an ihre Kreditkunden weitergeben, dürfte zunächst jedoch nur die Exportwirtschaft unmittelbar von der Zinssenkung profitieren. Gegenüber dem US-Dollar verbilligte sich die D-Mark gestern bereits um einen halben Pfennig. lieb