Oskar Lafontaine hält sich vornehm zurück

■ Der SPD-Vorsitzende will sich nicht zu einer SPD-PDS-Koalition in Mecklenburg äußern. Die Mitglieder der Großen Koalition zeigen sich gesprächsbereit

Stralsund (AP/taz) – Die SPD in Mecklenburg-Vorpommern hat für ihre Drohung, die Große Koalition aufzukündigen, keine Unterstützung von Oskar Lafontaine gefunden. Der SPD-Chef lehnte es ab, sich zu der von der Schweriner SPD erhobenen Forderung nach Rücktritt von Finanzministerin Bärbel Kleedehn (CDU) zu äußern. Die wichtigste Aufgabe im Lande bestehe in der Stabilisierung der Schiffbaustandorte, dem sich alles andere, vor allem die Landespolitik, unterordnen müsse. Nicht äußern wollte sich Lafontaine außerdem zu einer möglichen Koalition zwischen SPD und PDS. „Ich kann es nicht beurteilen, ob die PDS vor Ort schon koalitionsfähig ist.“

Inzwischen scheint auch der SPD-Landesvorsitzende und Wirtschaftsminister Harald Ringstorff zu einem Rückzieher bereit: Für das Wochenende kündigte er Kontakte mit der CDU an und wollte eine Fortsetzung der Koalition nicht mehr rundweg ausschließen. Allerdings bekräftigte Ringstorff zugleich die Forderung nach Rücktritt von Bärbel Kleedehn.

Ministerpräsident Berndt Seite bekräftigte gestern seine Absicht, „ohne Wenn und Aber“ an Finanzministerin Bärbel Kleedehn festzuhalten. Im CDU-Präsidium seien am Donnerstag abend „alle Varianten“ durchgesprochen worden, falls die SPD aus der Koalition aussteige. Er werde die Sozialdemokraten aber nicht „in die Arme der PDS“ treiben. Eine Beilegung des Streits im Koalitionsausschuß sei möglich.

Der Schweriner Landtag hatte die Finanzministerin am Dienstag mit den Stimmen von SPD und PDS zum Rücktritt aufgefordert, weil sie in Bonn eine Drittelbeteiligung des Landes an der Finanzierung der aus dem Vulkan-Verbund herausgelösten Werften des Landes zugesagt hatte. Am Montag trifft sich der Koalitionsausschuß von CDU und SPD. Dann läuft auch das Ultimatum der SPD zum Rücktritt von Kleedehn aus.

CDU-Generalsekretär Peter Hintze betonte gestern, daß Seite die Unterstützung der Bundes- CDU habe. Angesichts des 50.Jahrestags der Vereinigung von SPD und KPD zur SPD sei es besonders erschreckend, wie „historisch, politisch und moralisch unbefangen“ die SPD sich der PDS nähere.

Kritische Stimmen zum Vorgehen der Schweriner SPD kamen aber auch von Sozialdemokraten. Der wirtschaftspolitische Sprecher der SPD im Bundestag, Ernst Schwanhold, sieht „schwerwiegende Gefahren“ für die Beschäftigungssituation in Mecklenburg wegen der Krise. Es sei nicht auszuschließen, daß viele Investitionen zurückgehalten würden, bis aus Sicht der Unternehmen wieder „klare Verhältnisse“ herrschten. Der Präsident der Industrie- und Handelskammer warf der Koalition „Arroganz und mangelndes Problembewußtsein“ vor.