„Ein Haus ohne Zukunft“

■ Dieter Cordes von der Bremischen zum Abriß des Schaffner-Hauses

Seit 70 Jahren steht das Schaffnerhaus an der Gustav-Detjen-Allee. Früher traten hier Straßenbahnschaffner zum Schichtwechsel an. Heute sind in dem Haus, das von dem bekannten Architekt Rudolf Jacobs entworfen wurde, Obdachlose untergebracht. Die Bremische will das Haus abreißen. Warum, wollten wir von Dieter Cordes, Pressesprecher der Bremischen, wissen.

Herr Cordes, die Bremische hat einen Abrißantrag für das Schaffnerhaus gestellt?

Cordes: Ja. Die Bremische hat als Verwalter des Gebäudes einen Abrißantrag gestellt.

Das Schaffnerhaus ist doch aber ein städtisches Gebäude.

Wir bewirtschaften die städtischen Gebäude sowohl hinsichtlich der kaufmännischen als auch der technischen Seite. Wenn an einem Gebäude Baumaßnahmen oder – wie in diesem Falle eine Abrißmaßnahme – durchgeführt werden sollen, dann erfüllen wir das als Dienstleistung für die Stadt.

Der Anstoß, das Haus abzureißen, kam also von der Stadt?

Ja, wir sind nur die Vollstrecker.

Das Gebäude ist wegen seiner Einzigartigkeit historisch wertvoll, obgleich es nicht unter Denkmalschutz steht. Tut Ihnen das als „Vollstrecker“ nicht leid?

Das ist eine bauhistorische und städtebauliche Diskussion, die wurde bei Abwägung des Abrißantrages berücksichtigt und verneint. Wir können die Gründe, die unter anderem von der Stadtplanung und von Stadtgrün (ehemaliges Gartenbauamt) vorgetragen wurden, wegen der Einheitlichkeit der Anlage des Bürgerparks gut nachvollziehen.

Das heißt: Die Pläne sehen kein Haus vor, sondern grüne Wiese. Deshalb muß das Haus abgerissen und Rasen gesät werden?

Ja. Das Haus war gedacht als Unterbringungsmöglichkeit für die Schaffner der Straßenbahn. Das Haus ist nur für diesen Zweck an dieser Stelle genehmigt worden. Die Pläne für den Bürgerpark sehen aber an dieser Stelle keine Bebauung vor. Und weil an dieser Stelle aus städtebaulichen Gründen keine Bebauung vorgesehen ist, stehen wir jetzt vor dem Dilemma, daß man in dieses Gebäude keine weiteren Investitionen mehr reinstecken kann. Es wird zwar vorübergehend zum Wohnen im Moment gebraucht. Das Haus ist aber technisch dafür nicht geeignet. Planerisch hat das Haus an dieser Stelle einfach keine Zukunft.

Aber es hat sich doch eine Firma bereiterklärt, die Kosten für die Renovierung zu bezahlen, und ein Kulturverein will in das Schaffnerhaus einziehen.

Also, es gibt einen Zielkonflikt. Es gibt auf der einen Seite ein Interesse von verschiedenen Personen, das Gebäude weiter zu nutzen. Und es gibt auf der anderen Seite von den dafür zuständigen Stellen das Interesse, das Grundstück so wieder herzustellen, wie es ursprünglich gedacht und geplant war. Und beide stehen sich gegenüber. Das ist ganz deutlich. Die Nutzung durch eine private Firma ist allerdings insofern problematisch, weil es sich dort um eine besondere Lage handelt. Und ob es gerechtfertigt ist, in einer solchen Situation auf einer Grüninsel Gewerbe unterzubringen. Das wäre ja möglicherweise sogar eine Verschandelung, wenn da Nebengebäude entstehen würden.

Das ist ja gar nicht geplant. Die Firma will nur einen Raum.

Ja, aber es bleibt problematisch, einer Firma in einer so exponierten Lage sozusagen Geschäftsräume zur Verfügung zu stellen. Nehmen wir mal an, zwischen Hollersee und Parkhotel würde jemand, um ein banales Beispiel zu nennen, einen Imbiß eröffnen...

Es geht aber nicht um einen Imbiß, sondern um einen Kulturverein. Außerdem werden die Renovierungskosten bezahlt. Ist das nicht ein gutes Angebot?

Was die Schonung der Stadtkasse angeht, ja. Aber es würde – und deshalb spreche ich von Zielkonflikt – den Plänen, die Fläche in ihren ursprünglichen Zustand zu versetzen, entgegenstehen. Und das muß abgebogen werden.

Die Pläne von Wilhelm Benques (1814 - 1895) für den Bürgerpark sehen auch keine Straße vor. Wird die Hollerallee in diesem Teil jetzt auch abgerissen?

Natürlich hat sich das Umfeld an der Hollerallee verändert. Es gibt heute eine Randbebauung durch die Stadthalle und das Hotel. Und das hat die Situation verändert.

Aber das Schaffnerhaus hat keine Chance?

Wir gehen davon aus, daß durch die Genehmigung der Baubehörde der Abbruch auch stattfindet.

Fragen: Kerstin Schneider